Trüber Tag der Arbeit: Drei Millionen Arbeitslose und keine Besserung in Sicht

Foto: cs
(cs) Der diesjährige Tag der Arbeit steht unter düsteren Vorzeichen. Die neuen Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeichnen ein alarmierendes Bild: Im August wird die Zahl der Arbeitslosen voraussichtlich erstmals seit Jahren wieder die Drei-Millionen-Marke überschreiten. Die Arbeitslosenquote dürfte im Jahresdurchschnitt bei 6,3 Prozent liegen – ein Wert, der zuletzt 2011 erreicht wurde.
Die Zeiten, in denen am 1. Mai wirtschaftlicher Aufschwung und steigende Beschäftigung gefeiert wurden, scheinen vorbei. Während in den vergangenen Jahren die Gewerkschaften mit Forderungen nach höheren Löhnen, kürzeren Arbeitszeiten und früherem Renteneintritt auftraten, mahnt das IW in diesem Jahr zu mehr Zurückhaltung. Der Arbeitsmarkt zeigt klare Schwächesignale, und eine kurzfristige Erholung ist nicht in Sicht.
Besonders besorgniserregend ist die Entwicklung bei jungen Menschen: Die Jugendarbeitslosigkeit in der Altersgruppe von 15 bis 25 Jahren ist in den vergangenen zwei Jahren um 22 Prozent gestiegen. Obwohl viele Unternehmen nicht mehr entlassen als früher, werden deutlich weniger neue Stellen ausgeschrieben. Das macht insbesondere den Berufseinstieg für junge Menschen schwierig und verschärft den Druck auf den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt.
Auch die Erwerbstätigkeit hat ihren Höhepunkt überschritten. Zwar wurde im Mai 2024 mit 46,1 Millionen Erwerbstätigen ein historischer Höchststand erreicht, seither sinkt die Zahl jedoch. Für das kommende Jahr rechnet das IW nur noch mit gut 46 Millionen Beschäftigten – ein stagnierendes Niveau, das die angespannte Lage bestätigt.
Hinzu kommt ein Rückgang der Arbeitsproduktivität: In den Jahren 2023 und 2024 fiel sie um insgesamt 0,8 Prozent – der stärkste Rückgang seit der Wiedervereinigung. Auch wenn für 2025 eine leichte Erholung erwartet wird, bleibt der strukturelle Verlust bestehen.
Eine Trendwende scheint vorerst nicht in Sicht. Laut IW-Konjunkturumfrage plant mehr als jedes dritte Unternehmen, Stellen abzubauen. Auch der Beschäftigungsstand in der Zeitarbeit, ein verlässlicher Frühindikator für die Entwicklung des Arbeitsmarktes, stagniert. Vor diesem Hintergrund wirken Forderungen nach einer Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich realitätsfern.
Was die deutsche Wirtschaft jetzt braucht, ist eine pragmatische, wachstumsorientierte Politik. Der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD enthält mit Maßnahmen wie Superabschreibungen, einer Senkung der Unternehmenssteuern und dem geplanten Strompreispaket erste sinnvolle Ansätze. Wenn es darüber hinaus gelingt, den Bürokratieabbau ernsthaft voranzutreiben, könnte dies auch dem Arbeitsmarkt neue Impulse geben. Doch bis dahin bleibt der Blick auf die aktuellen Zahlen ein ernüchternder – gerade an einem Tag, der eigentlich den Wert der Arbeit feiern sollte.