20 Jahre LANXESS – Vom Aufbruch zur internationalen Chemie-Marke – Einblicke aus dem großen Interview mit Vorstandschef Matthias Zachert
(cs) Zum 20-jährigen Jubiläum der LANXESS AG blickt Vorstandsvorsitzender Matthias Zachert im Interview auf die bewegte Geschichte des Kölner Spezialchemie-Konzerns zurück – von den Herausforderungen der Anfangsjahre bis zu den globalen Ambitionen der Gegenwart.
Von der Bayer-Abspaltung zur globalen Marke
LANXESS war 2004 die bis dahin größte Industrieabspaltung Deutschlands. Für Zachert war von Anfang an klar: Das neue Unternehmen ist keine „Resterampe“, sondern eine Chance für neue Dynamik. Schon der Name – ein Kunstwort aus dem französischen lancer („in Gang setzen“) und dem englischen success („Erfolg“) – verkörpere Internationalität und Aufbruch.
Krisenjahre und schwierige Entscheidungen
Zu den größten Belastungsproben zählten die Finanzkrise 2008/2009 sowie die Energiepreisexplosion 2023 im Zuge des Ukraine-Kriegs. In beiden Fällen musste das Unternehmen harte Einschnitte vornehmen – etwa den Abbau von weltweit 900 Stellen im vergangenen Jahr. Auch persönlich schwierige Entscheidungen blieben nicht aus: So etwa die Schließung des Kautschuk-Werks in Marl mit 120 Beschäftigten im Jahr 2016.
Strategische Neuausrichtung: Raus aus dem Kautschukgeschäft
Der Abschied vom margenschwachen, konjunkturabhängigen Kautschukgeschäft war für LANXESS ein Wendepunkt. Die letzte Tranche wurde 2018 an Saudi Aramco verkauft – kurz bevor die Autoindustrie in die Krise geriet. Ein Glücksgriff, wie Zachert rückblickend betont.
Neue Stärke durch Zukäufe und Teamgeist
Besonders stolz ist Zachert auf die Übernahme des US-Spezialchemieunternehmens Chemtura – ein wichtiger Schritt in der internationalen Expansion. Der Schulterschluss mit den Beschäftigten sei dabei stets zentral gewesen. So wurde die erfolgreiche Integration damals mit einem Mitarbeiterfest in der Lanxess-Arena gefeiert – samt Konzerten von Boss Hoss und den Höhnern.
Standort Köln – mit Herz in Leverkusen
Die Verlegung der Konzernzentrale von Leverkusen nach Köln im Jahr 2013 sei aus Sicht des Vorstands richtig gewesen. Produktion und technisches Herzstück blieben aber weiterhin am Niederrhein verankert. Auch der Sponsoringvertrag mit der Lanxess-Arena läuft noch bis 2028.
Zukunft: Fokussierung statt Wachstum um jeden Preis
LANXESS steht heute mit seinen Kernbereichen in der ersten Liga – bei vielen Produkten ist man weltweit unter den Top Drei. In den nächsten Jahren geht es laut Zachert weniger um Zukäufe, sondern um Effizienzsteigerung und das Ausschöpfen des bestehenden Portfolios. „Wir wollen das Maximale aus unseren Geschäften herausholen.“
Energiepolitik: Weniger Ideologie, mehr Pragmatismus
Klare Worte findet Zachert zur deutschen Energiepolitik: Sie müsse weg von ideologischen Debatten, hin zu wettbewerbsfähigen Energiepreisen. Er fordert einen Industriestrompreis von unter zehn Cent pro Kilowattstunde – angesichts heutiger Preise von bis zu 18 Cent. Nur so seien gut bezahlte Industriearbeitsplätze wie in der Chemie (durchschnittlich 74.000 Euro Jahresgehalt) zu halten.
Kein Kurswechsel bei Diversity
Auch mit Blick auf gesellschaftliche Themen bleibt Zachert standhaft: Die Diversity-Ziele und Frauenquote bei LANXESS stehen nicht zur Debatte – auch nicht im Falle einer möglichen US-Präsidentschaft Trumps.
Bewertung an der Börse
Die LANXESS-Aktie liegt derzeit bei rund 27 Euro – weit entfernt vom Allzeithoch, aber deutlich über dem Börseneinstiegspreis. Zachert bleibt optimistisch: „Viele Chemie-Aktien sind derzeit unterbewertet. Wir arbeiten konsequent an der Ergebnisverbesserung – das wird sich auch im Kurs widerspiegeln.“
Das ganze Gespräch erschien am 31. Mai 2025 in der Rheinischen Post. Die Gesprächsführung hatte Wirtschaftsredakteurin Antje Höning. Wir fassen das Gespräch an dieser Stelle zusammen.