Die Zahl der insolventen Unternehmen in Deutschland hat 2025 den höchsten Stand seit mehr als zehn Jahren erreicht: Hohe Kosten, Bürokratie und die anhaltende Konjunkturschwäche werden das Insolvenzgeschehen weiter antreiben
(cs) Die wirtschaftspolitischen Verwerfungen hinterlassen in Deutschland tiefe Spuren – und nirgends zeigt sich das deutlicher als im Insolvenzgeschehen 2025. Nach Jahren zunehmender Belastungen hat die Zahl der Firmenpleiten ein 10-Jahres-Hoch erreicht. Insgesamt 23.900 Unternehmen mussten Insolvenz anmelden – 8,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Zwar fällt der Zuwachs geringer aus als in den beiden Ausnahmejahren 2023 und 2024, doch wirtschaftliche Entwarnung bedeutet das keineswegs.
„Viele Betriebe sind hoch verschuldet, kommen schwer an neue Kredite und kämpfen mit strukturellen Belastungen wie Energiepreisen oder Regulierung“, erläutert Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform in Neuss. Besonders mittelständische Unternehmen geraten dadurch massiv unter Druck – für manche bedeutet es das unternehmerische Aus.
Privatinsolvenzen: Höchster Stand seit 2016
Die Krise macht auch vor privaten Haushalten nicht Halt. 76.300 Verbraucher rutschten 2025 in die Privatinsolvenz – ein Anstieg von 6,5 Prozent. Damit verzeichnet Deutschland den höchsten Wert seit fast einem Jahrzehnt.
Bundesweit gelten inzwischen 5,67 Millionen Menschen als überschuldet. Hohe Lebenshaltungskosten, Stellenabbau und steigende Arbeitslosigkeit bringen viele Haushalte an ihre finanziellen Grenzen. „Das ist die zentrale Ursache der zunehmenden Privatpleiten“, so Hantzsch.

Besonders betroffen: Kleinstunternehmen und Mittelstand
Weit über drei Viertel aller Unternehmensinsolvenzen entfallen auf Kleinstbetriebe mit höchstens zehn Beschäftigten. 19.500 Insolvenzen wurden in diesem Segment gezählt – ein deutlicher Anstieg gegenüber den 17.900 Fällen des Vorjahres.
Bei Großunternehmen blieb das Bild stabiler: Rund 140 Betriebe mit mehr als 250 Mitarbeitenden meldeten Insolvenz an. Auffällig ist dabei die hohe Betroffenheit der Gesundheits- und Pflegebranche, wo mehrere größere Fälle die Lage verschärften.
Branchenvergleich: Verarbeitendes Gewerbe und Handel besonders unter Druck
Ein genauer Blick auf die Branchen zeigt deutliche Unterschiede:
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Verarbeitendes Gewerbe: +10,3 %
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Handel: +10,4 %
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Baugewerbe: +4,7 %
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Dienstleistungen: +8,4 %
Damit liegen Bau, Verarbeitung und Dienstleistungen inzwischen rund ein Drittel über dem Niveau von 2019. Besonders im industriellen Kern des Landes verschärft sich der Druck – ein Warnsignal für die gesamtwirtschaftliche Stabilität.

Bonität verschlechtert sich weiter – Gesundheitswesen besonders betroffen
Parallel zur Insolvenzwelle sinkt die Bonität vieler Unternehmen. Besonders kritisch ist die Entwicklung im Gesundheits- und Sozialwesen. „Steigende Betriebskosten, unzureichende Finanzierung und komplexe bürokratische Anforderungen belasten diesen sensiblen Bereich massiv“, sagt Bernd Bütow, Hauptgeschäftsführer von Creditreform.
Die beste Bonität weist derzeit der Bereich Bergbau, Gewinnung von Steinen und Erden auf – ein vergleichsweise stabiler, wenn auch kleiner Wirtschaftssektor. Am unteren Ende verläuft das Gastgewerbe, dessen Kreditwürdigkeit sich nach dem pandemiebedingten Einbruch zwar leicht erholt hat, aber weiterhin schwach bleibt.
Ausblick 2026: Gefahr weiterer Zunahmen – aber auch Hoffnung auf Impulse
Die wirtschaftliche Lage bleibt angespannt. „Die deutsche Wirtschaft verliert an Wettbewerbsfähigkeit“, warnt Bütow. Hohe Kosten, Bürokratie und eine anhaltende Konjunkturschwäche könnten die Insolvenzen auch 2026 weiter antreiben.
Gleichzeitig gibt es Hoffnungsschimmer: Die Bundesregierung plant umfangreiche Milliardeninvestitionen in Infrastruktur und Verteidigung, die dem Wachstum neue Impulse geben könnten. Ob dies genügt, den negativen Trend zu bremsen, bleibt allerdings offen.
Für eine nachhaltige Erholung seien zusätzliche Strukturreformen notwendig, betont Bütow – etwa eine Entlastung beim Strompreis und spürbare bürokratische Vereinfachungen. Nur dann könne die wirtschaftliche Basis stabilisiert und der Insolvenzanstieg langfristig gedrosselt werden.

