Fachkräfteoffensive 2024: Heere Ziele und große Herausforderungen in Düsseldorf und NRW

Minister Karl-Josef Laumann Foto: Ralph Sondermann

Arbeitsminister Karl-Josef Laumann hat gemeinsam mit Roland Schüßler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit, in Düsseldorf die aktuellen Herausforderungen und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen bei der Sicherung von Arbeits- und Fachkräften vorgestellt.

Besonders junge Menschen, denen der Weg in Ausbildung schwerfällt, werden in diesem Jahr in Nordrhein-Westfalen mithilfe von Übergangslotsen noch gezielter unterstützt. 2-3 Lotsen werden in Düsseldorfer Schulen unterwegs sein.

Außerdem sollen zudem arbeitsfähige Personen im Bürgergeldbezug schnell und erfolgreich auf den Arbeitsmarkt vermittelt werden. Gemeinsam mit den Arbeitgebern sollen auch die Bemühungen verstärkt werden, um noch mehr Menschen mit Behinderung eine Chance auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu eröffnen.

Arbeitsminister Karl-Josef Laumann: „Der Mangel an Arbeits- und Fachkräften ist allgegenwärtig. Wir brauchen jede und jeden auf dem Arbeitsmarkt, um die Herausforderungen der Zeit von Klimaschutz bis zur Sicherung der Pflege in einer alternden Gesellschaft zu stemmen. Auch die Transformation unserer Wirtschaft wird nur mit ausreichend Fachkräften erfolgreich zu meistern sein. Vor etwa einem Jahr haben wir als Landesregierung im Schulterschluss mit unseren Arbeitsmarktpartnern die Fachkräfteoffensive NRW gestartet. Seitdem haben wir einiges auf den Weg gebracht. Die Sicherung von ausreichend Arbeits- und Fachkräften ist jedoch eine Daueraufgabe. Deswegen entwickeln wir die Fachkräfteoffensive kontinuierlich weiter und unterstützen dabei, dass Arbeitsuchende und Arbeitgeber zusammenfinden.“

Roland Schüßler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit: „Der Arbeitsmarkt in Nordrhein-Westfalen bleibt weiter robust, trotz der Herausforderungen, vor denen viele Wirtschaftsbetriebe derzeit stehen. Ein wichtiges Thema ist dabei für die Wirtschaft die Fachkräftesicherung. Um Unternehmen bei dieser zentralen Herausforderung zu unterstützen, ist die Fachkräfteoffensive NRW der richtige Weg. Zusammen mit unseren Arbeits- und Ausbildungsmarktpartnerinnen und -partnern unterstützen wir als Arbeitsagenturen und Jobcenter dabei die Landesregierung nach Kräften. Am Ausbildungsmarkt bündeln wir die Aktivitäten der Landesinitiative „Kein Abschluss ohne Anschluss“ (KAoA) und lokale Angebote in den Jugendberufsagenturen. Mit unseren Partnerinnen und Partnern haben wir hier unsere Möglichkeiten eng verzahnt, damit wir junge Menschen noch zielgerichteter beim Übergang von der Schule in den Beruf, sowie Unternehmen bei der Suche nach den passenden Auszubildenden noch besser unterstützen können. Auch für die Integration geflüchteter Menschen haben wir eine enge Verzahnung unter uns als Akteure am Arbeitsmarkt geschaffen. Insbesondere bei den wichtigen Themen Bildung, Spracherwerb und Anerkennung kooperieren wir eng. Für mich ist die zentrale Botschaft: Jede und jeder wird gebraucht, zusammen mit unseren Netzwerkpartnern schaffen wir individuelle Perspektiven für den Weg in den Arbeits- oder Ausbildungsmarkt.“

Junge Menschen im Übergangssystem in Ausbildung führen

Rund 10.000 Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen, die sich in Bildungsgängen der Ausbildungsvorbereitung an Berufskollegs befinden, werden fortan von über 130 Übergangslotsen bei der Suche nach Ausbildungs- und Praktikumsstellen unterstützt. Damit sollen die Übergänge in Ausbildung deutlich beschleunigt und erhöht werden. Die Lotsen werden ihre Arbeit im Wesentlichen vor Ort in den Berufskollegs umsetzen.

Schülerinnen und Schüler in den Berufskollegs, die Interesse haben, am Programm teilzunehmen, können sich direkt an die Lotsen oder an ihre Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer wenden. Eine Kontaktaufnahme zu den Bildungsträgern, die das Lotsenprogramm umsetzen, ist ebenso möglich. Betriebe und Unternehmen, die auf der Suche nach Auszubildenden sind oder Praktikumsstellen anbieten möchten, können sich ebenfalls an die Berufskollegs in ihrer Region, ihre zuständige Kammer oder an die Bildungsträger wenden (Liste der Bildungsträger). 

Die Übergangslotsen ergänzen bestehende Coaching- und Unterstützungsprogramme wie „Ausbildungswege NRW“ und die „Berufseinstiegsbegleitung“, die ebenfalls jungen Menschen beim Übergang in den Beruf helfen. Für all diese Angebote stellt das Land insgesamt über 870 Coaches, Lotsen und Begleiter zur Verfügung und investiert dafür – insgesamt über 55 Millionen Euro pro Jahr.

Vermittlungsoffensive für Arbeitsuchende im Leistungsbezug

Noch immer sind mehr als 700.000 Menschen in Nordrhein-Westfalen ohne Arbeit. Knapp 300.000 davon sind langzeitarbeitslos. Gleichzeitig gibt es nach wie vor viele freie Stellen am Arbeitsmarkt. Deshalb hat die Landesregierung gemeinsam mit den 18 kommunalen Jobcentern in Nordrhein-Westfalen eine Vermittlungsoffensive gestartet.

„Es ist unser Ziel, arbeitsuchende Menschen im Leistungsbezug schnell erfolgreich in Arbeit zu vermitteln. Die Leistungsberechtigten sollen von den Jobcentern schnellstmöglich zu einem persönlichen Gespräch eingeladen werden und konkrete Angebote zur Integration in Arbeit oder Ausbildung unterbreitet bekommen. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dass diejenigen, die arbeiten können, auch arbeiten gehen. Wir sollten daher erwarten, dass diese Angebote auch genutzt werden. Ansonsten laufen wir Gefahr, dass die Menschen irgendwann das Vertrauen in den Sozialstaat verlieren. Das wäre fatal”, so Minister Laumann. 

Mehr Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen

In Nordrhein-Westfalen sind etwa 50.000 schwerbehinderte Menschen arbeitslos gemeldet. Davon hat etwa die Hälfte eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine akademische Ausbildung. Die Landesregierung hat das Ziel, gemeinsam mit den Unternehmen verstärkt dafür zu sorgen, dass noch mehr Menschen mit Behinderung eine Chance auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erhalten. Hierfür wird derzeit eine Vereinbarung zwischen den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, den Unterstützungssystemen und der Landesregierung erarbeitet. Denn: Menschen mit Behinderung können einen wichtigen Beitrag zum Erfolg eines Unternehmens leisten.

Roland Schüßler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit. Archivfoto: Regionaldirektion NRW 

Kommentar

Gut gemeint ist die Fachkräfteoffensive der Landesregierung allemal und die Unternehmerschaft Düsseldorf wird ihr Möglichstes tun, um die Initiative zu unterstützen: unter anderem mit Aktivitäten der Beruflichen Orientierung unserer Stiftung Pro Ausbildung und passgenauen Infos an unsere Mitgliedsbetriebe. Gleichwohl sind es auch heere Ziele, die die Herren Laumann und Schüßler im Pressegespräch ins Rennen geworfen haben.

In erster Linie liegt das am Qualifikationsmismatch in Düsseldorf und Umgebung. Es kann schwierig sein, die Bedürfnisse der Betriebe mit den vorhandenen Qualifikationen der Arbeitskräfte in Einklang zu bringen. Eine gezielte Begleitung der Schülerinnen und Schüler in den ausgewählten BK-Klassen wird notwendig sein – die zwei oder drei Bildungslotsen in Düsseldorf können da nur der berühmte „Tropfen auf den heißen Stein“ sein, denn: die Jugendlichen dort haben Talente, aber auch Defizite. Hier hilft eigentlich nur eine 1:1-Begleitung in der Schule und im Betrieb. Doch, dies wird niemand leisten können.

Eine weitere Herausforderungen sind die wirtschaftlichen Bedingungen. Die in diesem Jahr prognostizierten konjunkturellen Schwankungen und wirtschaftliche Unsicherheiten können die Wirksamkeit der Fachkräfteoffensive negativ beeinflussen. Die kleinen und mittelständischen Unternehmen werden kaum Ressourcen haben, sich um diese Thematik zu kümmern. In erster Linie wird es darum gehen, Aufträge hereinzuholen und diese abzuarbeiten.

Und dann haben wir noch eine dritte Hürde: das Bürgergeld! Es soll in diesem Jahr erhöht werden. Arbeitgeberverbände befürchten, dass Menschen im Niedriglohnsektor dann lieber Bürgergeld beziehen, als Geld zu verdienen. Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf sagte in der Bild: „Je nach individueller Situation kann es sich in der Metall- und Elektroindustrie beispielsweise dann in den zwei unteren Gehaltsstufen nicht mehr lohnen, jeden Tag arbeiten zu gehen. Der Abstand zum Bürgergeld, ohne arbeiten zu müssen, ist dann einfach zu gering“, so Wolf. Und Arbeitgeberpräsident Dr. Rainer Dulger erklärte: Mit dem Bürgergeld „werden keine Brücken ins Arbeitsleben, sondern in das Sozialtransfersystem geschlagen. Das ist kein Zeichen von Fairness und Respekt gegenüber den arbeitenden Menschen in diesem Land. Uns als Sozialpartner geht es darum, alle Menschen dazu zu befähigen, dauerhaft auf eigenen Beinen zu stehen. Jeder Einzelne muss die Chance erhalten, sich mit seinen jeweils eigenen Fähigkeiten in die Gesellschaft und auch in die Arbeitswelt einzubringen.“