Gegen den Strom: Warum Arbeitgeber die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nicht antasten wollen
(cs) Während in der politischen Debatte über Einsparpotenziale in Unternehmen gern der Rotstift angesetzt wird, denken die Arbeitgeber offenbar pragmatischer – und menschlicher. Eine aktuelle Arbeitgeberbefragung der Techniker Krankenkasse (TK), des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) und des Personalmagazins zeigt: Die Mehrheit der Unternehmen lehnt eine Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ab.
Ein deutliches Signal der Wirtschaft
Mehr als 1.500 Geschäftsführende, Personal- und Gesundheitsverantwortliche aus Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung wurden für die Studie #whatsnext 2025 – Gesund arbeiten in herausfordernden Zeiten befragt. Das Ergebnis: 65 Prozenthalten eine Reduktion der Lohnfortzahlung für wenig bis gar nicht hilfreich, wenn es um die Steigerung der Produktivität geht. Nur knapp ein Viertel hält eine solche Maßnahme für sinnvoll – ein klares Zeichen gegen populistische Vereinfachungen.
Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK, warnt: „Maßnahmen wie die Kürzung von Lohnfortzahlungen sind kontraproduktiv. Sie führen dazu, dass Krankheiten verschleppt werden – mit dem Risiko längerer Ausfälle.“ Stattdessen plädiert Baas für Investitionen in gesundheitsförderliche Arbeitsprozesse und eine wertschätzende Unternehmenskultur.
Geschäftsführung vs. Gesundheitsverantwortliche
Ein differenziertes Bild ergibt sich bei genauerem Blick auf die Rollen der Befragten. Geschäftsführende zeigten sich deutlich offener für restriktive Maßnahmen als die Gesundheits- und Personalverantwortlichen. So halten 35 Prozent der Geschäftsführenden eine Reduktion der Lohnfortzahlung für produktivitätssteigernd – bei den Gesundheitsverantwortlichen sind es nur 21 Prozent. Auch beim Thema Abschaffung der telefonischen Krankschreibung oder der Rückkehr zur Präsenzpflicht zeigen sich Unterschiede.
Wertschätzung schlägt Sanktion
Statt Kürzungen wünschen sich Arbeitgeber nach wie vor konkrete Verbesserungen im Arbeitsumfeld. Hohe Zustimmungswerte erhielten: der Einsatz von Technik und Automatisierung (86,6 %), Investitionen in gesunde Führung (86,2 %), Weiterbildung (82,6 %) und betriebliches Gesundheitsmanagement (79,3 %). Flexible Arbeitsmodelle, Vertrauensarbeitszeit und gezielte Boni ergänzen das Maßnahmenbündel.
Die Botschaft: Unternehmen wollen nicht über Druck und Einsparungen zu mehr Leistung kommen – sondern über Motivation, Strukturen und ein Arbeitsumfeld, das den Menschen ernst nimmt.
Gesundheit als Führungsaufgabe
„Es gibt keine Lösung von der Stange“, betont TK-Chef Baas. „Aber klar ist: Die Gesundheit der Beschäftigten ist zentral für den Unternehmenserfolg – besonders in Krisenzeiten.“ Wer in gesunde Führung investiert, legt die Basis für langfristige Leistungsbereitschaft – und für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit.
Die Ergebnisse der Studie zeigen damit: Die Zukunft der Arbeit liegt nicht in der Rücknahme von Rechten, sondern im klugen Gestalten von Rahmenbedingungen. Unternehmen, die das erkannt haben, gehen nicht nur menschlicher – sondern auch wirtschaftlich klüger – mit dem Thema Gesundheit um.