Kommentar zur Wasserstoff-Tankstelle am Höherweg und zur Zukunft des grünen Wasserstoffs

Unternehmerin Jutta Zülow engagiert sich auch in der Thematik „Wasserstoff“. Hier mit unserem Hauptgeschäftsführer Michael Grütering. Foto: Frank Wiedemeier

(cs) Die Wasserstoff-Tankstelle am Höherweg ist mehr als nur ein technisches Bauwerk – sie ist ein Symbol für frühen Pioniergeist in der Wasserstoffmobilität. Bereits 2012 setzte Air Liquide hier ein starkes Zeichen und eröffnete die erste öffentliche Wasserstoff-Tankstelle für Pkw in Nordrhein-Westfalen. Damals war die Euphorie groß – auch bei unserem Besuch mit der Unternehmerschaft Düsseldorf. Die Vision: Wasserstoff als Treiber einer klimaneutralen Mobilität. Doch die Realität entwickelte sich deutlich langsamer als erhofft.

Mehr als ein Jahrzehnt später ist die „Wasserstoff-Revolution“ noch immer nicht im Alltag angekommen. Das liegt nicht an fehlender Technik oder mangelndem Engagement – im Gegenteil: Die Industrie ist bereit, viele Partner stehen in den Startlöchern, auch bei uns in der Region. Doch der regulatorische Rahmen ist zu eng gestrickt. Wenn grünem Wasserstoff nur dann das Prädikat „nachhaltig“ verliehen wird, wenn er zeitgleich und ortsgebunden mit einem bestimmten Wind- oder Solarpark produziert wird, dann ignoriert man die realen Marktgegebenheiten und das Potenzial verfügbarer Grünstrom-Überschüsse.

Ein Beispiel: In der Region Emden werden jedes Jahr rund 500.000 Megawattstunden sauberer Windstrom schlichtweg abgeregelt – also nicht genutzt. Dieser Strom wäre ideal geeignet, um daraus Wasserstoff zu gewinnen. Doch aktuelle EU-Vorgaben verhindern genau das. Was wie eine technische Frage klingt, ist in Wahrheit eine politische.

Der Appell ist klar: Wir brauchen mehr regulatorische Flexibilität, Vertrauen in die Innovationskraft des Marktes und einen stabilen Rahmen für Investitionen in die Wasserstoffwirtschaft. Nur so können wir aus vorhandenen Technologien auch wirtschaftliche Realität machen.

In der Wirtschaftsregion Düsseldorf gibt es bereits viele engagierte Player, die zeigen, was möglich ist – darunter Air Liquide als aktives Mitglied bei „Chemie Rheinland“ und Betreiber zweier Wasserstofftankstellen in Düsseldorf, oder auch der Wasserstoff-Hub Rhein-Kreis Neuss mit Sitz auf Gut Gnadental, dem Firmensitz unserer ehemaligen Vorsitzenden Jutta Zülow.

Diese Initiativen verdienen Unterstützung – nicht durch neue bürokratische Hürden, sondern durch kluge politische Weichenstellungen. Grüner Wasserstoff ist speicherbar, transportierbar und vielseitig einsetzbar – aber er braucht Raum zum Atmen. Nur dann wird aus der Idee einer klimaneutralen Zukunft auch eine ökonomisch tragfähige Realität.