Vier-Tage-Träumerei!

Wer nun bei gleichem Gehalt seine Arbeit in vier statt fünf Tagen zu erledigen gedenkt, müsste seine Produktivität um 20 Prozent steigern. Das erscheint unrealistisch und ist, selbst wenn es in Einzelfällen gelingen sollte, eine äußerst ungesunde Arbeitsverdichtung“. So unlängst Professor Michael Hüther, Präsident des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln (IW).

Das IW fordert nicht kürzere, sondern längere Arbeitszeiten, denn: die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit eines Vollerwerbstätigen in Deutschland ist im EU-Vergleich mit 37,4 Stunden relativ gering.

Das größte Problem an der Vier-Tage-Träumerei ist aber ein gesamtwirtschaftliches. Die großen Herausforderungen in der aktuellen und der kommenden Dekade sind der demografische Wandel und seine Folgen. Schon jetzt fehlen Unternehmen hunderttausende qualifizierte Fachkräfte, Tendenz steigend. Dadurch wächst der Druck auf unsere Sozialsysteme: Kamen Anfang der 1960er Jahre noch sechs Erwerbstätige auf einen Rentner, waren es 2021 gerade einmal rund zwei. Eine Entspannung der Lage ist nicht in Sicht, bis 2030 rechnen wir sogar damit, dass drei Millionen Menschen weniger arbeiten als heute, darunter viele Babyboomer. Damit fehlen uns 4,2 Milliarden Arbeitsstunden.

Diese Lücke gilt es zu schließen, daran ändern New-Work-Trends und Wunschszenarien wenig. Ein bis zwei Stunden mehr pro Woche wären keine nennenswerte Umstellung und würden das System zumindest ein wenig entlasten. Als Vorbild könnte hier Schweden oder die Schweiz dienen: Die einen arbeiten eine Stunde mehr als wir, die anderen sogar zwei Stunden. Beide Nationen haben eine tendenziell sogar etwas höhere Lebenserwartung als Deutschland und sind darüber hinaus auch nicht unglücklicher.

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