Was haben wir eigentlich mit dem Konflikt an der ukrainisch-russischen Grenze zu tun?

Ja, das fragen sich viele. Die Bilder und Töne flattern uns pausenlos um die Ohren: im Web, in der Zeitung, im Radio und in der Tagesschau. „Sollen die sich doch die Köpfe einschlagen“, hört man in den Altstadt-Kneipen hin und wieder. So einfach aber ist die Sache nicht. Rund 90% der Unternehmen in unserer Region hängen ab vom Außenhandel. Viele Betriebe haben Kunden in Rußland und in der Ukraine, zum Beispiel die Benrather Bagger: sie werden eifrigst ins Baltikum respektive Russland exportiert. Bei uns hängen also viele Handels- und industrielle Jobs von guten Beziehungen in diese Länder ab.

Aber, auch ein anderes Thema spielt eine große Rolle – darauf verweist unser Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) heute: (…) unternehmerische Tätigkeit findet nicht im luftleeren Raum statt und kann sich nicht von realen außenpolitischen Krisen und Spannungen abkoppeln. Und auch wenn Unternehmen keine Verantwortung für die Zuspitzung des Konfliktes tragen, so tragen sie dennoch eine staatspolitische Verantwortung beim Umgang mit den vorrangig von Russland ausgehenden zunehmenden Spannungen.

Als Groß- und Außenhändler sind wir überzeugte Verfechter freier Märkte, offener Grenzen und des weltweiten, friedlichen Austauschs. Gemeinsamer Handel über nationale Grenzen und Wirtschaftsräume hinweg schafft die Grundlage für Annäherung, Dialog und Ausgleich. Insofern ist es unsere ausgesprochene Hoffnung, dass sich der anbahnende Konflikt friedlich und im Dialog miteinander lösen lässt.

Der BGA ist kein Anhänger von Wirtschaftssanktionen per se. Diese müssen, wenn überhaupt, stets gut abgewogen und geprüft werden. Sanktionen nur um der Sanktionen willen sind nicht zielführend und richten häufig mehr wirtschaftlichen Schaden als politischen Nutzen an. Doch ein sorgfältiges Abwägen sollte nicht mit Haltungs- oder Tatenlosigkeit gleichgesetzt werden. Am Ende eines solchen Prozesses muss eine unmissverständliche Entscheidung stehen, die dann konsequent umgesetzt wird.

Eine mögliche außenpolitische Aggression darf nicht durch mutloses Lavieren oder bedingungsloses Zurückweichen beantwortet werden. Für einen demokratischen Rechtsstaat ist es in bestimmten Situationen notwendig, Position zu beziehen und Haltung zu zeigen, auch wenn dies mit schmerzhaften politischen oder wirtschaftlichen Konsequenzen verbunden sein kann.

Dementsprechend sollte eine strategische, energiepolitische Entscheidung wie Nord Stream 2 auch nicht getrennt von derzeitigen Entwicklungen oder der außenpolitischen Lage betrachtet werden. Eine dauerhafte energiepolitische Abhängigkeit von einem Aggressor ist keine zukunftsfähige Position.

Am Ende obliegt die Entscheidung, wie auf außenpolitische Krisen zu reagieren ist, der Hoheit der Bundesregierung und des Deutschen Bundestags. Der BGA bekennt sich als Spitzenverband zu seiner staatspolitischen Verantwortung und wird diesen Entscheidungsprozess begleiten und sein Ergebnis unterstützen.