Unsere Unternehmen müssen zukünftig konkrete Fragen in einer Nachhaltigkeitsberichterstattung beantworten

Um Investitionen in zukunftsfähige und perspektivisch klimaneutrale Unternehmen anzukurbeln, hat die EU neue Vorgaben und Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung entwickelt. Die detaillierte Berichtspflicht erfordert allerdings nicht nur Zeit und Personal, sondern betrifft künftig auch deutlich mehr Unternehmen.

Viele Unternehmen in der EU müssen künftig folgende Fragen detailliert beantworten: Welche Auswirkungen haben die betrieblichen Tätigkeiten auf Umwelt-, Sozial- und Menschenrechte sowie auf die Weise, wie das Unternehmen geführt wird, also auf dessen Governance? Wie widerstandsfähig ist das eigene Geschäftsmodell gegenüber Risiken im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten? Und wie will das Unternehmen sicherstellen, dass seine Tätigkeit mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft vereinbar ist?

Das Bundesjustizministerium geht davon aus, dass die Einführung der CSRD-Berichtspflicht die Unternehmen in Deutschland einmalig knapp 750 Millionen Euro kosten wird, die jährlichen Aufwendungen taxiert es mit etwa 1,4 Milliarden Euro.

Diese Fragen stammen aus dem Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur unternehmerischen Nachhaltigkeitsberichterstattung. Diese Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD, sollte eigentlich bis zum 6. Juli von allen EU-Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden, ist aber noch ausstehend.

Ziel der EU-Richtlinie ist es, verlässliche und anhand verbindlicher EU-Standards vergleichbare Nachhaltigkeitsinformationen zur Bewertung von nicht finanziellen Unternehmensleistungen zu erhalten. Finanzmarktakteure wie Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften müssen bereits seit 2021 genauere unternehmens- und produktbezogene Informationen im Hinblick auf Nachhaltigkeitskriterien offenlegen, um Anlegern eine nachhaltige Investitionsentscheidung zu ermöglichen. Geregelt ist dies in der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR). Auch große Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Be​schäftigten sind seit 2017 laut CSR-Richtlinie (Non-financial Reporting Directive) verpflichtet, Informationen über ihre Geschäftstätigkeit und den Umgang mit sozialen und ökologischen Herausforderungen im Rahmen einer nicht finanziellen Erklärung offenzulegen. CSR steht hierbei für Corporate Social Responsibility, also die gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen.

Wer muss alles Nachhaltigkeitsberichte erstellen?

Bislang sind etwa 500 große Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Beschäftigten in der Bundesrepublik berichtspflichtig. Bis 2028 wird die Berichtspflicht etappenweise ausgeweitet; künftig sind in Deutschland etwa 15.000 Unternehmen unmittelbar betroffen – nicht nur große Unternehmen, sondern alle kapitalmarktorientierten Unternehmen (außer Kleinstunternehmen) werden berichtspflichtig werden.

Berichtspflichtige Unternehmen müssen dabei ihre Lieferketten in den Blick nehmen. Das dürfte zur Folge haben, dass sie ihre Zulieferer auffordern, Auskunft über die Nachhaltigkeit ihres Geschäfts zu geben. So ergibt sich eine Kaskade, die den Kreis der Betriebe, die sich mit den neuen Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung beschäftigen werden, deutlich vergrößert.

Das Ziel: vermehrte Investitionen in den Klimaschutz

Und wozu das alles? Die neue CSRD-Nachhaltigkeitsberichterstattung soll Anlegern bei ihren Investitionsentscheidungen helfen, sprich: Die Kapitalströme sollen so in notwendige Investitionen in den Umwelt- und Klimaschutz umgelenkt werden, die zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 nötig sind. Die beiden Nachhaltigkeitsberichterstattungen CSRD und SFDR bilden zusammen mit der EU-Taxonomie, die ein einheitliches und verbindliches Klassifikationssystem für „grüne“ Wirtschaftsaktivitäten in der EU schafft, die drei wichtigsten Regularien zur EU-Offenlegungspflicht (siehe „EU-Taxonomie: Kriterien für Nachhaltigkeit und Klimaschutz“).

Zusätzlich müssen bereits im Rahmen des deutschen Lieferkettengesetzes große Unternehmen die Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten in Bezug auf Menschenrechte nachweisen (siehe „Lieferkettengesetz: Gut gemeint ist nicht gut gemacht“). Mit der künftigen EU-Regulierung werden die Vorgaben und der Berichtskreis damit deutlich erweitert.

Noch sind bessere Finanzierungsmöglichkeiten aber nicht ausschlaggebend (Grafik):

Rund 70 Prozent der Betriebe in Deutschland, die Nachhaltigkeitsberichte herausgeben, tun dies, weil ihre Kunden oder Auftraggeber dies wünschen oder verlangen.

Etwa die Hälfte publiziert Nachhaltigkeitsberichte für Belegschaft und Öffentlichkeit, nur 23 Prozent, um bessere Finanzierungsbedingungen bei Banken oder am Kapitalmarkt zu erhalten.

Dass dies alles nicht ohne entsprechenden Personaleinsatz erfolgen kann, liegt auf der Hand. Das Bundesjustizministerium geht davon aus, dass die Einführung der CSRD-Berichtspflicht die Unternehmen in Deutschland einmalig knapp 750 Millionen Euro kosten wird, die jährlichen Aufwendungen taxiert es mit etwa 1,4 Milliarden Euro.

In so viel Prozent der Unternehmen erreichte die Ausbildung diesen Digitalisierungsgrad

In den seltensten Fällen sind dafür Neueinstellungen erfolgt oder geplant. Vor allem kleinere Betriebe verfügen üblicherweise nur über begrenzte Ressourcen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung, wie eine Befragung des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt (Grafik):

Nur 4 Prozent der kleinen Unternehmen, die bereits einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen oder dies planen, wollen für diese Aufgabe neues qualifiziertes Personal einstellen.

Mehr als die Hälfte der Betriebe mit weniger als 50 Mitarbeitern delegiert Nachhaltigkeitsberichte an Mitarbeiter, die dafür nicht spezifisch ausgebildet sind. In mittelgroßen Unternehmen praktizieren dies 38, in großen Firmen noch 31 Prozent. Viele betroffene Unternehmen lassen ihre Mitarbeiter aber auch schulen, vor allem bei den größeren Betrieben ist dies die am weitesten verbreitete Maßnahme. Ebenfalls stark nachgefragt ist der Einsatz externer Dienstleister – so nehmen 40 Prozent der mittelgroßen Betriebe deren Hilfe in Anspruch oder planen dies.

Quelle: Institut der Deutschen Wirtschaft