Thomas Buschmann (Bankenverband NRW und Deutsche Bank Düsseldorf): Die Lage ist (noch) nicht so schlecht wie die Stimmung.
Der Düsseldorfer Thomas Buschmann macht sich Sorgen: „Die neueste Umfrage unter den Unternehmen zeigt, dass rund ein Drittel eine Verschlechterung der Geschäftserwartungen befürchten. Die Wirtschaftsprognosen machen ebenfalls wenig Hoffnung auf eine baldige Erholung. Die Verunsicherung der Unternehmer führt dazu, dass die Nachfrage nach Krediten so gering wie schon lange nicht mehr ist“, schreibt Buschmann auf dem Informationsportal von „unternehmer nrw“. Thomas Buschmann ist Vorsitzender des Bankenverbandes Nordrhein-Westfalen, Sprecher der Deutschen Bank in Düsseldorf, und Mitglied im Vorstand der Unternehmerschaft Düsseldorf.
Weiter schreibt Buschmann: „Aber: Die Lage ist (noch) nicht so schlecht wie die Stimmung. Die Liquiditätsausstattung der Unternehmen ist zumeist gut, die Banken stehen für Finanzierungen bereit, die Politik hat sich in Bewegung gesetzt. Bei allen Herausforderungen, vor der die Wirtschaft steht, geht es – wenn auch langsam, aber doch merklich – voran. Viel hängt davon ab, wie wir uns jetzt entscheiden: Anpacken und unsere Chancen nutzen, oder weiter nur (schlecht-)reden und dadurch den Anschluss an den globalen Wettbewerb verlieren.
Anpacken und Chancen nutzen, oder (schlecht-)reden und Anschluss verlieren
Klar ist, dass nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht weiter unbegrenzt auf staatliche Füllhörner durch Subventionen und Rettungspakete gehofft werden kann. Die Zeiten, mit der die öffentliche Hand immer mit Geld parat stand, dürften schwerer werden. Und wir müssen realistisch sein: Der Bürokratieabbau und die Lösung der Infrastrukturprobleme werden nicht von heute auf morgen möglich sein. So lange können, so lange dürfen die Unternehmen aber nicht warten. Sie sollten besser schon einmal loslegen.
Eine Lösung ist privates Kapital, auch ausländischer Investoren, für das Anreize geschaffen werden muss. Wir fordern daher die europäische Kapitalmarktunion, die aufgrund ihrer Größe eine Alternative zu den globalen Marktplätzen bieten kann, mit weniger Restriktionen für mehr Verbriefungen und Unternehmensanleihen. Durch mehr Investitionen werden mehr Innovationen gefördert. Ein guter Finanzierungsmix, bestehend aus Krediten, Förderprogrammen, Wagniskapital und Kapitalmarktprodukten – ergänzt durch zielgenaue Anreize und Steuererleichterungen – könnte dafür den Turbo zünden.
Politik muss überbordende Regulierung bei nachhaltiger Transformation zurückdrehen
Und noch etwas muss die Politik dringend angehen: Die überbordende Regulierung bei der nachhaltigen Transformation zurückdrehen. Wenn schon der Präsident der deutschen Bankaufsichtsbehörde Bafin feststellt, dass „es viel gut gemeinte Regulierung gibt, die das Ziel verfehlt und uns teilweise in eine Sackgasse gebracht hat“, sollte das ein deutlicher Warnhinweis aus berufenem Munde sein. Die oftmals unüberschaubare Zahl von Verordnungen, die alles bis ins kleinste Detail regeln will, be- und überlastet vor allem kleinere und mittelständische Unternehmen. Alle Verästelungen der Nachhaltigkeit regulieren zu wollen, werde nicht gelingen. „Bei der Taxonomie muss die Machbarkeit in den Mittelpunkt“, fordert auch Eckhard Forst, Chef der NRW.Bank.
Zwei Dinge sind laut Sabine Mauderer, Bundesbank-Vorständin, für den Strukturwandel und Umbau unserer Wirtschaft nötig: „Erstens braucht es eine bessere Vernetzung von Investitionsbedarf, Know-how und Investoren. Und zweitens geht es darum, das Finanzierungsökosystem nach vorne zu bringen“. Nordrhein-Westfalen ist in einer guten Ausgangslage: Das Land ist eine der stärksten Industrieregionen in Europa, mit einem vielfältigen Branchenmix, den meisten Konzernen, Weltmarktführern und Mittelständlern, langjähriger Erfahrung und Kompetenz beim Strukturwandel und seit Neuestem einer Vernetzungs- und Transformationsplattform, der Fin.Connect.NRW. Die von Zenit, IHK NRW und IW Köln getragene Initiative soll die Transformationsfinanzierung beschleunigen, Investoren und Kapitalsuchende verbinden und die nachhaltige und digitale Transition befördern.
Noch ist Zeit, dass wir diese historische Herausforderung bewältigen können. Auf bessere Zeiten warten zu wollen, ist keine Alternative. Die Unternehmen – genau wie die Politik – müssen sich jetzt mit den Anforderungen der Taxonomie auseinandersetzen. Nicht nur, weil es klare Zielvorgaben für die ESG-Ratings gibt, sondern weil wir nur weiter vorankommen, wenn wir innovativ sind. Das ist und bleibt die besondere Stärke der deutschen Wirtschaft – und unsere beste Chance für wieder mehr Wachstum.“