Deutschland – das Dauerstreik-Land: jetzt eskalieren die Konflikte!
Wir befinden uns im Dauerstreik: Bahn, Lufthansa, Rheinbahn! Teilweise werden wir von zwei oder drei parallelen Streiks genervt. Das Streikrecht ist auf jeden Fall ein sehr wichtiges Recht, aber jedes Schwert wird stumpf, wenn es ständig eingesetzt wird.
In zahlreichen Branchen gibt es noch keine Einigung. Neben ÖPNV, Bahn und Lufthansa gehören beispielsweise der Einzelhandel, die Universitätskliniken und das Baugewerbe. Im Groß- und Außenhandel liegen bereits zwei Verbandsempfehlungen vor, um die Mitarbeitenden nicht unter dem Konflikt leiden zu lassen.
Das Institut der deutschen Wirtschaft hat berechnet, dass die Konflikte in den ersten Monaten dieses Jahres im Schnitt bereits einen Wert von 4,3 auf der Eskalationsskala erreicht haben. Die siebenstufige Skala gibt an, bis zu welcher Stufe sich ein Konflikt zugespitzt hat: Von Stufe 0, in der am Tisch verhandelt wird bis zur Stufe 7, in der gestreikt wird.
Je nachdem, wie sich diese und neue Konflikte (weiter) entwickeln, könnte dies den Wert im Jahresverlauf noch beeinflussen, schließlich stehen in der ersten Jahreshälfte weitere wichtige Verhandlungen in zentralen Branchen wie in der Chemie- und der Druckindustrie an. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2023 lag die Eskalation bei 3,0 – der höchste Wert, der seit 2000 gemessen wurde.
Auch die Konfliktintensität – die Summe aller im Laufe einer Tarifverhandlung genutzten Konflikthandlungen – ist mit durchschnittlich 11,3 Punkten für den Zeitraum 1. Januar bis 11. März 2024 sehr hoch. Mit Blick auf die weiteren Verhandlungen und auf die noch ausstehenden Tarifrunden kann sich auch dieser Wert noch verändern. Am konfliktreichsten ging es bis Anfang März bei der GDL zu, hier ergibt sich ein Wert von 38 Punkten, gefolgt vom Lufthansa-Bodenpersonal mit 22 und den Eurowings-Discover-Piloten mit 16 Punkten.
Obligatorische Schlichtung
Diese Entwicklung ist ein Problem: Unter den häufigen Arbeitskämpfen leiden Millionen Reisende. Um Eskalationen zukünftig besser einzudämmen, müssen die Spielregeln von Tarifauseinandersetzungen überprüft werden, sagt IW-Tarifexperte Hagen Lesch. Eine Möglichkeit könnte eine obligatorische Schlichtung sein: „Der Streik ist das letzte Mittel in Tarifauseinandersetzungen und muss es auch bleiben. Werden Schlichter im Streitfall einbezogen, könnten sie den Parteien bei der Kompromissfindung helfen. Das hat sich in der Vergangenheit als hilfreich erwiesen.“ Darüber hinaus sei es unverzichtbar, Streiks rechtzeitig anzukündigen, um eine Notfallversorgung sicherzustellen. Die Tarifparteien sollten daher feste Schlichtungsverfahren etablieren. Tun sie das nicht, wird der Gesetzgeber darüber nachdenken müssen.
Quelle: Institut der Deutschen Wirtschaft