Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt: Kommunikationslücken zwischen Unternehmen und Jugendlichen

Auch in diesem Jahr stehen viele Ausbildungsplätze in Deutschland leer, obwohl zahlreiche Jugendliche auf der Suche nach einer Lehrstelle sind. Laut einer aktuellen Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) und der Bertelsmann Stiftung bleiben 73.000 Ausbildungsplätze unbesetzt, während 63.000 Jugendliche keinen passenden Ausbildungsplatz finden konnten. Die Gründe dafür liegen nicht nur in regionalen Unterschieden und unzureichenden Qualifikationen, sondern auch in einer verfehlten Kommunikationsstrategie der Unternehmen. Christoph Sochart fasst die Ergebnisse zusammen.

Wenn sich Unternehmen und Bewerber verfehlen

Die Studie deckt auf, dass Unternehmen und potenzielle Azubis sich häufig einfach verpassen. Dies hat mehrere Ursachen: Oft liegen Ausbildungsort und Wohnort zu weit auseinander, der Berufswunsch der Jugendlichen passt nicht zum angebotenen Ausbildungsplatz oder die Qualifikation der Bewerber entspricht nicht den Anforderungen der Betriebe. Ein wesentliches Problem ist jedoch die Art und Weise, wie Unternehmen ihre Ausbildungsplätze bewerben und wo Jugendliche danach suchen. Viele Betriebe setzen auf klassische Online-Stellenanzeigen und Social-Media-Plattformen wie Facebook, wo jedoch nur ein Viertel der Jugendlichen nach Ausbildungsplätzen sucht. Stattdessen sind Plattformen wie YouTube, WhatsApp und TikTok bei der jungen Zielgruppe deutlich beliebter – werden von den Unternehmen aber kaum genutzt.

Social Media als Schlüssel zum Erfolg

Die Ergebnisse der Studie zeigen deutlich, dass Unternehmen ihre Kommunikationsstrategien anpassen müssen, um junge Menschen gezielter zu erreichen. „Unternehmen und Jugendliche verpassen sich auf Social-Media-Plattformen zu häufig“, so Dirk Werner, einer der Studienautoren. Gerade im digitalen Raum liege großes Potenzial, das bisher nicht ausgeschöpft werde. Social Media allein reicht jedoch nicht aus – auch traditionelle Methoden wie Praktika und Betriebsbesichtigungen bleiben essenziell, um Jugendlichen einen direkten Einblick in Berufe und Unternehmen zu geben.

Neben der digitalen Kommunikation zeigt sich auch bei der analogen Kommunikation Nachholbedarf: Jugendliche mit niedriger Schulbildung greifen öfter zu klassischen Stellenanzeigen in Zeitungen oder schauen auf „schwarze Bretter“ in Schulen, während Unternehmen diese Kanäle seltener nutzen.

Schulabschlüsse und persönliche Kompetenzen

Ein weiteres Ergebnis der Studie offenbart unterschiedliche Sichtweisen auf die Bedeutung von Schulabschlüssen. Während drei Viertel der Unternehmen angeben, dass persönliche Kompetenzen immer wichtiger werden, glaubt dies nur etwas mehr als die Hälfte der Jugendlichen. Clemens Wieland, Experte für berufliche Bildung bei der Bertelsmann Stiftung, sieht hier eine Chance: „Junge Menschen sollten selbst bei schwächeren Noten auf ihre Stärken vertrauen und sich bewerben. Unternehmen können dies fördern, indem sie in ihren Ausschreibungen den Stellenwert persönlicher Kompetenzen hervorheben.“

Kommentar: Ein Weckruf für Unternehmen

Die aktuellen Zahlen verdeutlichen, dass es nicht an mangelndem Interesse oder fehlenden Stellen liegt, sondern an Kommunikationslücken zwischen Unternehmen und potenziellen Auszubildenden. Unternehmen müssen ihre Marketingstrategien dringend an die Mediengewohnheiten der jungen Generation anpassen, um die Ausbildungsplätze effektiv zu besetzen. Die Studie zeigt auch, dass ein Umdenken notwendig ist: Nicht nur formale Qualifikationen, sondern auch persönliche Stärken sollten in den Fokus der Rekrutierung rücken. Wenn Unternehmen und Jugendliche besser zusammenfinden sollen, müssen sie sich dort begegnen, wo beide Seiten aktiv sind – sowohl online als auch offline.

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