Industriestrompreis und Wärmewende – zwei Seiten derselben Medaille

Verzögerung bei Wärmewende-Projekt: Die in Köln geplante Groß-Flusswasser-Wärmepumpe am Rhein wird später als geplant in Betrieb genommen – laut Rheinenergie-Chef Andreas Feicht wegen Verzögerungen im Genehmigungsverfahren. Foto: RHEINENERGIE

(cs) Die deutsche Industrie steht unter Strom – im wahrsten Sinne des Wortes. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) will mit einem neuen Industriestrompreis die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen stärken. Die Botschaft ist deutlich: „Wir starten die Aufholjagd für bezahlbare Energiepreise.“ Doch die Jagd ist nicht ohne Risiko – und sie ist längst nicht alles, was passieren muss.

Denn während der Ruf nach einem subventionierten Strompreis vor allem aus der energieintensiven Industrie seit Jahren laut ist, warnen wichtige Stimmen vor Kollateralschäden. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) etwa mahnt vor Marktverzerrungen und einer Schwächung des Terminmarktes. Auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) fordert Augenmaß und warnt davor, mittelständische Unternehmen oder strategisch wichtige Bereiche wie Batteriezellen und Halbleiter außen vor zu lassen.

Industriestrompreis: Hilfe oder Hürde?

Unbestritten ist: Der Strompreis ist in Deutschland für viele Betriebe deutlich zu hoch – im internationalen Vergleich oft zwei- bis dreimal so teuer wie in den USA oder China. Wer konkurrenzfähig bleiben will, braucht verlässliche und bezahlbare Energie. Aber: Eine Subvention löst nicht das strukturelle Problem. Sie lindert Symptome, aber heilt keine Ursachen.

Die Debatte erinnert an eine kostspielige Schmerztablette – kurzfristig entlastend, aber langfristig keine Therapie. Was fehlt, ist ein nachhaltiger Pfad zu günstiger, sauberer Energieversorgung. Und genau hier kommen Großwärmepumpen ins Spiel.

Großwärmepumpen: Der leise Schlüssel zur Wärmewende

Fast unbemerkt von der großen Industriestrom-Debatte treibt Ministerin Reiche eine zweite, mindestens genauso entscheidende Weichenstellung voran: ein Gesetz zur Förderung von Großwärmepumpen. Ziel ist es, Genehmigungsverfahren zu vereinfachen, Planungsprozesse zu beschleunigen und erneuerbare Wärmequellen wie Flüsse, Seen, Abwasser oder Abwärme effizient nutzbar zu machen.

Diese Anlagen sind nicht nur ein technisches Versprechen, sondern ein gesellschaftliches. Sie entziehen Fluss- oder Abwasser Wärme und speisen diese in Fernwärmenetze ein – nachhaltig, emissionsarm, skalierbar. Ein Paradebeispiel ist das Projekt in Köln, wo Rheinenergie eine Flusswasser-Wärmepumpe mit einer Heizleistung von 150 Megawatt plant. Rund 50.000 Haushalte könnten mit Fernwärme versorgt werden – wenn das Projekt denn endlich genehmigt wird. Der neue Zeithorizont: Ende 2027, Anfang 2028. Der Grund für die Verzögerung? Genehmigungsrechtliche Hürden.

Der Schulterschluss fehlt – noch

Was beide Maßnahmen verbindet: Sie wollen die Transformation der Energieversorgung beschleunigen. Doch sie tun das aus unterschiedlichen Blickwinkeln – der Industriestrompreis kurzfristig, die Großwärmepumpen strukturell und langfristig. Was noch fehlt, ist ein gemeinsamer strategischer Rahmen, was wir an dem Kölner Beispiel sehen können. Doch: wenn man dies im Blick hat, kann auch hier die Wende Wirklichkeit werden.