Metall- und Elektroindustrie: „Kein Zeichen für Arbeitsplatz-Sicherheit“
Heute (14.03.) beginnen die Tarifverhandlungen in der nordrhein-westfälischen Metall- und Elektroindustrie. Vor Beginn der Verhandlungen haben die Arbeitgeber vor zu hohen Belastungen der Unternehmen gewarnt.
Als „unvernünftig und unverträglich hoch“ haben die nordrhein-westfälischen Metallarbeitgeber die Forderung der IG Metall NRW nach Einkommensverbesserungen von fünf Prozent für die 700.000 Beschäftigten des größten Industriezweigs in NRW zurückgewiesen. Der Präsident des Verbandes der Metall- und Elektro-Industrie Nordrhein-Westfalen (METALL NRW), Arndt G. Kirchhoff, sagte in Düsseldorf, eine auch nur annähernde Umsetzung dieser Forderung würde weder dem volatilen Umfeld auf wichtigen Absatzmärkten der M+E-Industrie noch der extrem heterogenen Lage der Firmenkonjunkturen gerecht. Die durch die Kostensteigerungen der letzten Jahre hervorgerufenen strukturellen Probleme der M+E-Branchen würden aktuell nur durch billiges Geld, günstige Wechselkurse und niedrige Öl- und Rohstoffpreise übertüncht. „Wir leben in Deutschland in einer Wettbewerbsfähigkeits-Illusion, die uns nicht auch noch zu einer realitätsfernen Lohnpolitik verleiten darf“, warnte Kirchhoff.
Der NRW-Metallarbeitgeberpräsident forderte die IG Metall auf, die Warnungen aus den Unternehmen ernst zu nehmen und nicht als „übliches Gejammer vor Tarifverhandlungen“ abzutun. Die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage unter den tarifgebundenen Mitgliedsunternehmen von METALL NRW sei Beleg für eine spürbare Erosion des M+E-Produktionsstandortes Nordrhein-Westfalen. Danach produzierten und investierten die Betriebe zunehmend in Maschinen und Anlagen im Ausland. Hierzulande würde dagegen vor allem in den Ersatz und in die Modernisierung bestehender Kapazitäten investiert. Der Ausbau der Kapazitäten finde also jenseits der Grenzen statt. Als Konsequenz dieser Entwicklung gingen hierzulande tausende gewerblicher Arbeitsplätze verloren, darunter besonders einfache Tätigkeiten. Die NRW-Standorte verlören im Wettbewerb um Produktionsarbeitsplätze sichtbar an Boden. „Ziel der Metalltarifrunde 2016 muss es sein, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht noch weiter zu verschlechtern“, betonte Kirchhoff. Er warnte die IG Metall davor, die Betriebe mit einer falschen Lohnpolitik und unter Androhung verschärfter Streiks erneut an die Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu treiben oder sie gar zu überfordern. „Dieser seit 2011 laufende gewerkschaftliche Dauer-Belastungstest der deutschen Metall- und Elektroindustrie muss jetzt ein Ende haben“, erklärte Kirchhoff.
Auch Gesamtmetall-Präsident Dr. Rainer Dulger kritisiert die Forderung des IG-Metall-Vorstands nach einer Tariferhöhung von 5 Prozent für die Tarifrunde 2016. „Seit der Finanzkrise haben wir die Löhne bei M+E schon um 20 Prozent erhöht, obwohl die Produktivität im gleichen Zeitraum nur um 2 Prozent gestiegen ist.“ Er verwies darauf, dass in der Konsequenz aus dem Kostenschub die M+E-Unternehmen massiv im Ausland Kapazitäten aufbauen. „In den nächsten 5 Jahren planen die M+E-Unternehmen, die Auslandskapazitäten um fast 50 Prozent zu erweitern. Mir macht diese Entwicklung große Sorgen. Und wenn die IG Metall die ohnehin schon Rekord-Arbeitskosten stetig noch weiter in die Höhe treibt, wandert noch mehr Produktion ins Ausland ab. Deshalb tut die Gewerkschaft mit dieser Forderung ihren Mitgliedern keinen Gefallen – denn deren Arbeitsplätze gehen verloren.“
Dulger weiter: „Die Industrie kann nicht vom Binnenkonsum leben. Wir stellen keine Currywürste her, sondern produzieren Investitionsgüter und sind darauf angewiesen, dass unsere Kunden investieren. Es spricht Bände, dass die Wachstumsprognosen für die M+E-Industrie deutlich unter denen der Gesamtwirtschaft liegen. Von den wichtigsten Absatzmärkten (China, USA) bis zu den Erwartungen der Unternehmen („Rezessionswahrscheinlichkeit stark gestiegen“, urteilt selbst das gewerkschaftseigene IMK) stehen alle Anzeichen auf Krise – es ist die denkbar falsche Zeit für Höhenflüge. Wir müssen Maß halten, wenn wir den Standort halten wollen.“
Dulger bedauerte, dass die IG Metall die Zeit zwischen Forderungsempfehlung und Forderungsbeschluss nicht für eine tatsächliche Neubewertung des wirtschaftlichen Umfelds genutzt habe. „Mit dieser Forderung setzt die IG Metall jedenfalls kein Zeichen für sichere Arbeitsplätze. Im Gegenteil, sie treibt die Industrie noch weiter in eine strukturelle Kostenkrise wie in den 90er-Jahren hinein.“