Bildungsmonitor 2025: Warnung vor Qualitätsverlust und wachsender Chancenungleichheit
(cs) Am kommenden Dienstag, dem 9. September, wird der neue Bildungsmonitor 2025 in Berlin vorgestellt. Die jährlich vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) erstellte Studie analysiert bereits zum 22. Mal den Zustand des deutschen Bildungssystems – und zeigt auch dieses Jahr: Der Handlungsbedarf ist gewaltig. Unserer Redaktion liegen erste Daten vor.
Denn das Leistungsniveau an deutschen Schulen ist laut Studienleiter Prof. Dr. Axel Plünnecke weiter gesunken. Die Schulqualität nimmt ab, zentrale Herausforderungen der vergangenen Jahre seien nur unzureichend bewältigt worden. Besonders kritisch fällt das Urteil bei der Integration geflüchteter Kinder, bei der es an struktureller Unterstützung und ausreichenden Sprachförderangeboten fehlt.
Pandemie, Smartphones, Motivationskrise: Der neue Alltag an Schulen
Plünnecke sieht auch Spätfolgen der Corona-Pandemie als weiterhin ungelöst. Viele Schülerinnen und Schüler leiden laut Studie unter Bildungslücken, Motivationsproblemen und einer sinkenden Konzentrationsfähigkeit – nicht zuletzt durch die permanente Smartphone-Nutzung, die das Lernverhalten nachhaltig beeinträchtige. „Erlerntes wird nicht mehr ausreichend verarbeitet“, warnt Plünnecke gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio.
Besonders betroffen sind Kinder aus bildungsfernen Haushalten – die Schere der Bildungsungleichheit öffnet sich weiter. Für den Studienleiter ist klar: Ohne gezielte Förderung und strukturelle Reformen droht eine ganze Generation den Anschluss zu verlieren.
Stillstand in der Bildungspolitik trotz Transformationsdruck
Brisant: Die neue Bundesregierung, die Bildung einst als zentrales Zukunftsthema bezeichnete, hat bisher kaum bildungspolitische Akzente gesetzt. Dabei ist Bildung unverzichtbar – sowohl für Chancengleichheit und gesellschaftlichen Zusammenhalt als auch für die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit Deutschlands.
Schon die vergangenen Ausgaben des Bildungsmonitors warnten angesichts der wirtschaftlichen Transformation durch Digitalisierung, Dekarbonisierung, Demografie und De-Globalisierung vor wachsendem Fachkräftemangel. Die aktuelle Studie belegt: Der Bedarf an gut ausgebildeten MINT-Fachkräften (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) steigt – doch das Bildungssystem liefert zu wenige Absolventinnen und Absolventen mit den nötigen Qualifikationen.
Ländervergleich: Sachsen bleibt Vorbild
Wie jedes Jahr vergleicht der Monitor auch 2025 die Bildungspolitik der Bundesländer. Sachsen, seit Jahren Spitzenreiter, punktet erneut mit klaren Leistungsstandards, durchdachter Schulstruktur und verlässlicher Lehrkräfteplanung. Der sächsische Kultusminister Conrad Clemens wird bei der Präsentation als Impulsgeber auftreten – auch, weil sein Land zeigt, dass Reformen wirken können.
Der Monitor hebt außerdem hervor, dass mehr Handlungsfreiräume für Schulen, wie sie etwa in Dänemark, Kanada oder Großbritannien erfolgreich eingeführt wurden, zu besseren Ergebnissen führen können. Dafür müssten jedoch auch vergleichbare Daten wie Lernstandserhebungen systematisch genutzt und der Wettbewerb zwischen Schulengestärkt werden.
Eltern unzufrieden – besonders im Westen
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Die Zufriedenheit der Eltern mit den Schulen fällt regional unterschiedlich aus. In Ostdeutschland äußern sich Eltern meist positiver über Schulstruktur und Betreuung, während in Westdeutschland die Kritik überwiegt – unter anderem wegen Lehrkräftemangel und unklarer Zuständigkeiten.
Fazit: Der Bildungsmonitor 2025 liefert einmal mehr keine Erfolgsgeschichte, sondern einen klaren Weckruf. Die Herausforderungen – Migration, Digitalisierung, Fachkräftemangel, soziale Ungleichheit – sind bekannt. Doch ohne mutige politische Entscheidungen, klare Strategien und nachhaltige Investitionen droht der Bildungsstandort Deutschland weiter an Qualität und Gerechtigkeit zu verlieren.
Hintergrund:
Der INSM-Bildungsmonitor analysiert über 90 Einzelindikatoren zur Bildungsqualität in den Bundesländern – von frühkindlicher Bildung über Schulstruktur bis hin zu beruflicher Ausbildung. Studienleiter ist Prof. Dr. Axel Plünnecke vom IW Köln.
Hinweis:
Die Vorstellung des Bildungsmonitors 2025 findet am Dienstag, 9. September 2025, von 9:30 bis 11:00 Uhr im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin statt.