Das ifaa sieht aus arbeitswissenschaftlicher Sicht gute Chancen für eine längere Erwerbsphase – unter bestimmten Bedingungen

(cs) Rente mit 70 – machbar, wenn die Arbeitswelt mitspielt! Die Debatte über die Rente mit 70 erhitzt derzeit die Gemüter. Kritiker warnen vor sozialer Kälte, Befürworter verweisen auf die demografische Entwicklung und die Belastung der Sozialsysteme. Doch jenseits der politischen Grundsatzdiskussion stellt sich eine ganz praktische Frage: Ist es überhaupt möglich, dass Menschen bis 70 arbeiten – und wenn ja, wie?

Das Düsseldorfer ifaa – Institut für angewandte Arbeitswissenschaft – sieht die Antwort pragmatisch: Ja, eine Erwerbstätigkeit bis 70 ist in vielen Fällen arbeitswissenschaftlich umsetzbar, vorausgesetzt, die richtigen betrieblichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen werden geschaffen.

Unternehmen müssen Voraussetzungen schaffen

„Längeres Arbeiten ist keine Frage der Biologie allein, sondern der Arbeitsgestaltung“, erklärt Prof. Dr.-Ing. Sascha Stowasser, Direktor des ifaa. Unternehmen seien sich vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels zunehmend bewusst, dass sie ältere Mitarbeiter nicht verlieren dürfen – weder aus Know-how-Gründen noch aus wirtschaftlicher Notwendigkeit. Langfristige Mitarbeiterbindung werde damit zum strategischen Wettbewerbsfaktor.

Erfolgsfaktor: Flexible und ergonomische Arbeitswelt

Was muss sich dafür ändern? Das ifaa setzt auf drei zentrale Stellschrauben:

  1. Flexibilität in Arbeitszeit und Beschäftigungsform: Lebensphasenorientierte Modelle wie Teilzeit für Ältere, flexible Schichtsysteme oder projektbasierte Tätigkeiten ermöglichen eine individuelle Gestaltung der Arbeit.

  2. Ergonomische Arbeitsplätze: Arbeit muss so gestaltet werden, dass sie auch im höheren Alter leistbar bleibt – körperlich wie psychisch. Hier sind arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse in der Umsetzung gefragt.

  3. Neue Karrierewege: Nicht jeder will mit 60 noch in die Managementetage. Karriere kann auch heißen: Projektverantwortung, Mentoring oder Spezialistentätigkeiten – jenseits des klassischen Aufstiegs.

Altersgemischte Teams: Lernen über Generationen hinweg

Ein weiteres zentrales Element: die Führungskultur. Altersgemischte Teams fördern den Austausch von Erfahrung und Innovation, stärken den Zusammenhalt und bringen gegenseitige Wertschätzung. Voraussetzung: Führungskräfte müssen die Potenziale älterer Mitarbeiter erkennen und aktiv fördern.

Verantwortung der Beschäftigten: Gesundheit ist Schlüssel

Doch nicht nur Unternehmen sind gefordert. Auch der Einzelne trägt Verantwortung – vor allem für die eigene Gesundheit. Gesundes Altern setzt einen bewussten Lebensstil voraus: Nichtrauchen, maßvoller Alkoholkonsum, ausgewogene Ernährung, Bewegung, Stresskompetenz und erholsamer Schlaf sind keine Wohlfühlfloskeln, sondern konkrete Voraussetzungen, um leistungsfähig zu bleiben.

Fazit: Rente mit 70 – Herausforderung, aber keine Utopie

Die Rente mit 70 wird nicht für jeden realistisch sein – aber für viele, wenn Politik, Wirtschaft und Beschäftigte gemeinsam an Lösungen arbeiten. Voraussetzung: Die Arbeitswelt muss sich dem Altern der Gesellschaft anpassen, nicht umgekehrt. Das ifaa liefert hierfür fundierte Konzepte – nun sind die Unternehmen am Zug.