Die Unternehmen werben nun um die Gunst der Azubis, und nicht umgekehrt

Die Teilnahme an Jobmessen kann für Unternehmen, im Bild Vodafone aus Heerdt, zahlreiche Vorteile im Hinblick auf die Nachwuchssicherung bieten. Durch die Präsenz auf Messen können Unternehmen potenzielle Nachwuchskräfte direkt ansprechen und überzeugen. Zudem bietet sich die Möglichkeit, das Unternehmen und seine Tätigkeitsfelder zu präsentieren und so das Interesse von potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern zu wecken. Durch die direkte Interaktion mit den Besuchern können Unternehmen außerdem wertvolles Feedback zu ihrem Außenauftritt und ihrem Angebot als Arbeitgeber erhalten. Nicht zuletzt bietet die Teilnahme an Jobmessen auch die Chance, sich mit anderen Unternehmen und Branchenvertretern zu vernetzen und von deren Erfahrungen und Best Practices zu profitieren. Informationen zu Jobmessen in unserer Region gibt es auf Anfrage in unserer Abteilung für Fachkräftesicherung unter service@unternehmerschaft.de. Foto: Vodafone Düsseldorf

Düstere Zeiten brechen über Arbeitgeber herein: Der demografische Wandel und die stetig schwindende Geburtenrate zeigen ihre bedrohliche Wirkung auf den Ausbildungsmarkt in Nordrhein-Westfalen. Die einst belebten Schulflure verlassen nun jährlich weniger junge Menschen, und der Strom der Bewerber für Lehrstellen versiegt in besorgniserregendem Maße. Wo einst 2022 noch etwa 102.000 Schulabgänger den Traum einer Ausbildung hegen mochten, schrumpfte diese Zahl im Jahr 2023 auf kaum 100.000 – eine bittere Erkenntnis, angesichts der 109.000 Plätze, die darauf warten, besetzt zu werden. So hat sich das Pendel eindeutig zugunsten der Bewerber verschoben. 

In Düsseldorf haben in diesem Ausbildungsjahr mittlerweile rund 2.500 Jugendliche eine Azubistelle bekommen. Das geht aus dem aktuellen Bericht der Agentur für Arbeit hervor. Über 740 junge Menschen in unserer Stadt suchen dagegen aktuell noch einen Ausbildungsplatz. Es gibt aber auch noch freie Azubistellen; und zwar über 1.200.

„Glücklicherweise haben wir in Düsseldorf wieder mehr Bewerberinnen und Bewerber für Ausbildungsstellen. Auch die Düsseldorfer Unternehmen meldeten deutlich mehr freie Stellen“, freut sich Birgitta Kubsch-von Harten über die Entwicklung am Düsseldorfer Ausbildungsmarkt.

Gemeldete Bewerberinnen und Bewerber seit Oktober 2022:

3.263 (+2,3 Prozent)

Gemeldete Berufsausbildungsstellen seit Oktober 2022: 3.943 (+5,4 Prozent)

Mit einer Ausbildungsstelle oder Alternative versorgte Jugendliche: 2.520

Unversorgte Jugendliche: 743

Offene Ausbildungsstellen: 1.258

„Auch nach dem offiziellen Ausbildungsstart werben wir dafür, nicht aufzugeben. Für alle, die jetzt noch in die Ausbildung einsteigen möchten, werden wir eine gute Lösung finden“, ermuntert Birgitta Kubsch-von Harten die Berufsberatung zu kontaktieren und mit deren Unterstützung einen Ausbildungsvertrag abzuschließen.

Die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber hat sich im August 2023 gegenüber dem Vorjahresmonat um 74 auf 3.263 gesteigert (+2,3 Prozent). Bereits mit einer Ausbildungsstelle oder einer Alternative versorgt sind in Düsseldorf 2.250 junge Menschen. Das sind 332 Personen mehr als vor einem Monat und 77 mehr als zum Vorjahreszeitpunkt. 743 junge Menschen sind noch auf der Suche nach einer Ausbildung, einem Studium oder einer Alternative. Seit Beginn des Ausbildungsvermittlungsjahres am 1. Oktober 2022 wurden inzwischen 3.943 Ausbildungsstellen gemeldet. Das sind 201 Stellen mehr als zum Vorjahreszeitpunkt (+5,4 Prozent).

„Sowohl für die Jugendlichen, die aktuell noch keine Ausbildungsstelle oder Alternative gefunden haben, als auch für die Betriebe, die ihre Ausbildungsstellen noch nicht besetzen konnten, kann die Einstiegsqualifizierung eine weitere Möglichkeit bieten“, rät Birgitta Kubsch-von Harten.

Bei einer Einstiegsqualifizierung handelt es sich um ein längeres Praktikum mit geregelten Lerninhalten. In vielen Fällen kann die Einstiegsqualifizierung (EQ) auf eine anschließende Ausbildung im Unternehmen angerechnet werden. Interessierte Jugendliche können sich bei der Berufsberatung der Agentur für Arbeit über diese Möglichkeit erkundigen. Betriebe erhalten Informationen über die Einstiegsqualifizierung (EQ) und weitere Unterstützungsmöglichkeiten bei ihrem Arbeitgeber-Service.

In NRW suchen noch rund 27.000 junge Menschen nach ihrem beruflichen Weg, während rund 33.000 Plätze offen sind. Von Ausbildern wird nun beispiellose Entschlossenheit gefordert, um junge Talente für die Reise der beruflichen Bildung zu begeistern. Roland Schüßler, Leiter der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit, stellt unmissverständlich klar: „Angesichts der bevorstehenden demografischen Entwicklung gibt es keine Ausweichmöglichkeiten.“ Deshalb sollten alle, die sich für eine Lehre interessieren, die Tür zur Möglichkeit geöffnet bekommen. Eine Option besteht darin, sogar jene Kandidaten einzubeziehen, die in ihren Bewerbungen zunächst nicht auf den ersten Blick überzeugen.

Doch auf lange Sicht ist es von entscheidender Bedeutung, mehr potenzielle Azubis für die Welt der Ausbildungen zu gewinnen. Wie könnte dies gelingen? Bernd Fitzenberger, der Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), hält einige Kreativlösungen bereit: Er ermutigt zu einer tieferen Einbindung der Berufsvorbereitung in den Schulen, einer Fülle von Praktika während der Schullaufbahn und vor allem einer liebevolleren Betreuung. „Je nach Schultyp sollten wir uns auf das Passende konzentrieren. Auf Gymnasien könnte es klug sein, den Schülern näher an ihrem Abitur nochmals die Möglichkeit eines längeren Praktikums zu bieten“, sprach er in einem Journalistengespräch. Ein oberflächliches, zweiwöchiges Praktikum in der zehnten Klasse würde kaum ausreichen. Viele jugendliche Träumer verharren nach dem Verlassen der schützenden Schulmauern oft in Ratlosigkeit. In solch Momenten sollten die Schulen und Berufsberater ihnen mit einem freundlichen Schubs in Richtung Experimentierfreude zur Seite stehen, um dann zu sehen, welcher Weg ihnen am meisten zusagt.

Am Ende des Tages haben die Unternehmen in Düsseldorf zahlreiche Möglichkeiten in Kontakt mit Schülerinnen und Schülern und Eltern zu kommen. Und die Betriebe können jederzeit auch prüfen, wie man die Ausbildung attraktiver machen kann: mit sympathischen Ausbilderinnen und Ausbildern, mit Fortbildungsmöglichkeiten (auch hier macht die Unternehmerschaft Düsseldorf viele Angebote) und vielem mehr. Ganz nach dem Motto: Die Unternehmen werben nun um die Gunst der Azubis, und nicht umgekehrt.

Die Unternehmerschaft Düsseldorf setzt auf eine Vielzahl spannender Initiativen im Rahmen ihrer Bemühungen um die Sicherung des Nachwuchses:

Eines dieser interessanten Projekte ist „Wirtschaft Pro Schule (WPS)“, das Schülerinnen und Schülern auf ihrem individuellen Weg ins Berufsleben eine helfende Hand reicht. In Zusammenarbeit mit Schulen laden sie Vertreter aus Unternehmen, wie Ausbilder, Ausbildungsbeauftragte und sogar Auszubildende, in den Unterricht und zu Arbeitsgemeinschaften ein. Diese Gelegenheit ermöglicht es, Berufsbilder, Tätigkeitsbereiche, Ausbildungsmöglichkeiten sowie Zugangsvoraussetzungen und Bewerbungsverfahren vorzustellen. Die Unternehmen gewähren Einblicke in ihren Alltag und bieten mögliche Perspektiven an, um den Jugendlichen bei der Gestaltung ihrer beruflichen Laufbahn zu helfen. Durch diesen direkten Kontakt können die Schülerinnen und Schüler eine breite Palette von Berufen kennenlernen, darunter auch solche, die ihnen bis dato unbekannt waren. Unternehmen haben außerdem die Chance, zukünftige Talente anzusprechen und für sich zu gewinnen.

Die „Ausbildungsbotschafter“ stellen eine weitere fesselnde Initiative dar. Hierbei handelt es sich um Auszubildende im 2. und 3. Lehrjahr, die nach einer speziellen Schulung in Schulklassen und Schul-AGs ihre eigenen Ausbildungsberufe auf Augenhöhe präsentieren und sich den Fragen der Schülerinnen und Schüler stellen. Unter der Webseite www.ausbildungsbotschafter-duesseldorf.de findet diese Bewegung ihre Plattform.

Das „Orientierungspraktikum (DOP)“ bietet Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit, Studienfächer an örtlichen Hochschulen sowie Duale Studiengänge in Unternehmen kennenzulernen. Diese Erfahrungen finden sowohl analog als auch digital statt. Anschließend nehmen die Jugendlichen an einem Betriebspraktikum teil, um das Studienfach aus unternehmerischer Sicht zu erleben. Die Webseite www.digi-dop.de dient als Anlaufstelle für Interessierte.

Der „Bildungswegenavigator (BIWENAV)“ stellt ein innovatives Tool dar, das Schülerinnen und Schülern dabei hilft, schnell und pragmatisch den richtigen Ausbildungsweg (duale Ausbildung, Studium usw.) zu finden. Dieses nützliche Werkzeug wird auch von Eltern und Lehrkräften gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern genutzt. Die Webseite www.biwenav.de enthält weitere Informationen dazu.

Der „Berufsparcour“ ermöglicht es den Schülerinnen und Schülern, an verschiedenen Stationen Berufe und Berufsfelder kennenzulernen und sogar praktisch aktiv zu werden. Diese Parcours sind in der Regel branchenspezifisch ausgerichtet, wie beispielsweise Metall- und Elektroindustrie oder soziale Berufe.

„Schülerfirmen“ sind an vielen Förderschulen in Düsseldorf zu finden, wie Fahrradwerkstätten, Holzprodukteherstellung, Weihnachtskarten-Design und Catering. Die Unternehmerschaft begleitet diese Schülerfirmen und fördert die Vernetzung mit der Wirtschaft.

Das „Netzwerk Pro Düsseldorfer Hauptschulen“ hat das Ziel, die Chancen der Schülerinnen und Schüler an Düsseldorfer Hauptschulen für den Übergang in Ausbildung oder Qualifizierung nach dem Schulabschluss zu erhöhen. Dabei steht die individuelle Entwicklungsplanung für jede Schülerin und jeden Schüler im Mittelpunkt.

„Lernpartnerschaften“ sind eins-zu-eins Partnerschaften zwischen Schulen und Unternehmen. Das besondere Merkmal ist eine Kooperationsvereinbarung, die oft feierlich unterzeichnet wird und regelmäßig evaluiert werden kann. Informationen dazu sind unter https://kompetenzzentrum-duesseldorf.de/lernpartnerschaften/ verfügbar.

Während der „Düsseldorfer Tage der Beruflichen Orientierung“ erhalten Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, verschiedene Berufsfelder kennenzulernen. Weitere Details hierzu sind auf der Webseite www.berufsorientierungstage.de zu finden.

Das Netzwerk „MINT Düsseldorf“ koordiniert und begleitet eine Vielzahl von MINT-Projekten in Düsseldorf. Ein Teil des Netzwerks ist das zdi (Zukunft durch Innovation), das kostenfreie MINT-Workshops in Düsseldorfer Schulen anbietet. Informationen dazu sind unter www.mint-duesseldorf.de verfügbar.

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Quellen: eigene Recherche, Agentur für Arbeit Düsseldorf, Antenne Düsseldorf, Rheinische Post