„Ein Startschuss für einen neuen Aufbruch“ – Arndt G. Kirchhoff zum Koalitionsvertrag von Union und SPD

Arndt Kirchhoff, Präsident von Unternehmer NRW

(cs) Die Erwartungen der nordrhein-westfälischen Wirtschaft an die neue Bundesregierung sind hoch. Arndt G. Kirchhoff, Präsident der Landesvereinigung der Unternehmensverbände Nordrhein-Westfalen e. V. (unternehmer nrw), begrüßt in einer Stellungnahme an unsere Redaktion die zügige Regierungsbildung nach der Bundestagswahl: „Es ist eine sehr gute Nachricht, dass Deutschland jetzt schnell eine handlungsfähige Bundesregierung bekommt“, so Kirchhoff. Er hoffe, dass dies auch ein „Startschuss für einen neuen Aufbruch in unserem Land“ sei.

Der Koalitionsvertrag von Union und SPD enthalte zahlreiche wichtige Impulse zur Erneuerung Deutschlands, betone Kirchhoff – auch wenn er in zentralen Bereichen noch Defizite sehe. Nun komme es darauf an, „dass Union und SPD die großen strukturellen Probleme beherzt angehen“.

Energiepolitik mit Rückenwind für die Industrie

In der Energiepolitik sieht der Präsident von unternehmer nrw deutliche Fortschritte. Besonders begrüßt er die geplante Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß, die Deckelung der Netzentgelte, einen Industriestrompreis für energieintensive Unternehmen sowie die Abschaffung der Gasspeicherumlage. „Die richtigen Weichen für unseren Wirtschafts- und Industriestandort werden endlich gestellt“, lobt Kirchhoff. Nun müsse die Umsetzung aber rasch erfolgen – die Unternehmen hätten zu lange auf diese Entlastungen gewartet.

Bürokratieabbau: gute Ansätze, hohe Erwartungen

Großes Potenzial erkennt Kirchhoff auch beim Bürokratieabbau. Die angekündigte Abschaffung des nationalen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes sei ein bedeutender Schritt. Auch das geplante nationale Sofortprogramm für Bürokratieabbau, das Ziel eines 25-prozentigen Abbaus der Bürokratiekosten für die Wirtschaft sowie jährliche Rückbaugesetze seien wichtige Vorhaben. „Die künftigen Regierungsparteien werden wir daran messen, dass der Bürokratieabbau in der Breite der Wirtschaft endlich spürbar wird“, betont Kirchhoff. In der Vergangenheit sei hier zu viel versprochen und zu wenig umgesetzt worden.

Mehr Leistungsgerechtigkeit beim Bürgergeld

Positiv bewertet Kirchhoff die geplante Umgestaltung des Bürgergeldes zu einer Grundsicherung mit stärkerem Fokus auf Mitwirkungspflichten und Vermittlungsvorrang. Dies könne dazu beitragen, „wieder für mehr Fairness und Leistungsgerechtigkeit zu sorgen“, erklärt der Arbeitgeberpräsident.

Steuerpolitik: gute Ansätze, zu wenig Mut

In der Steuerpolitik erkennt Kirchhoff zwar richtige Ansätze, etwa bei der geplanten Investitionsförderung über Sonderabschreibungen. Insgesamt sei der Kurs jedoch zu wenig ambitioniert. Besonders kritisiert er das Ausbleiben einer umfassenden Unternehmenssteuerreform sowie die zögerliche Senkung der Körperschaftssteuer. Auch die Abschaffung des Solidaritätszuschlags sei versäumt worden – „eine verpasste Chance, ein starkes Signal an die Unternehmen zu senden“.

Sozialversicherung: Reformen bleiben aus

Besorgt äußert sich Kirchhoff über die Pläne zur Sozialversicherung. Die Richtung stimme nicht: Statt struktureller Reformen seien weitere Leistungsausweitungen geplant. „Gerade angesichts des demografischen Wandels ist das nicht zukunftsfähig“, mahnt er. Wichtige Ziele wie eine Senkung der Lohnzusatzkosten unter 40 Prozent fehlten völlig.

Arbeitsrecht: Licht und Schatten

Im Arbeitsrecht begrüßt Kirchhoff die geplante Flexibilisierung der Arbeitszeit durch die Umstellung auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit. Gleichzeitig warnt er vor Eingriffen in die Tarifautonomie und kritisiert das angekündigte Tariftreuegesetz als „bürokratische Symbolpolitik“. Auch bei den starren Ruhezeitregelungen hätte er sich mehr Mut zur Veränderung gewünscht.

Kernaufgabe Wettbewerbsfähigkeit

Unterm Strich sieht Kirchhoff noch viel Arbeit für die neue Regierung. „Mehr denn je bleibt Kernaufgabe die breite und tiefgreifende Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschafts- und Industriestandorts Deutschland.“ Investitionen und Arbeitsplätze müssten gezielt gestärkt, Reformen mutig angegangen werden. Die geopolitischen Herausforderungen verlangten jetzt entschlossenes Handeln.

Trotz aller Kritik zeigt sich Kirchhoff zuversichtlich: „Ich bin überzeugt, dass Deutschland mit dieser Regierung wieder ein Motor für ein starkes Europa sein kann.“ Entscheidend sei, dass die Koalition die richtigen Ziele nun zügig in die Tat umsetze – „es liegt in unser aller Interesse, dass sie Erfolg hat.“