Laut einer Studie wollen immer mehr Menschen weniger arbeiten – dieser Schuss könnte allerdings nach hinten losgehen

Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), basierend auf umfassenden Datenanalysen, zeigt einen deutlichen Trend hin zu einem geringeren Arbeitszeitwunsch bei Beschäftigten aller Altersgruppen. Dieser Befund wirft ein interessantes Licht auf das aktuelle Narrativ des Arbeitskräfte- und Fachkräftemangels. Insbesondere bei jüngeren Arbeitnehmern bis zum Alter von 25 Jahren sowie bei mittelalten und älteren Beschäftigten ist eine ausgeprägte Neigung zu einer Reduktion der wöchentlichen Arbeitsstunden zu beobachten. Die Rheinische Post berichtet zunächst über diese Studie, die noch nicht veröffentlicht ist.

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) mit Sitz in Köln ist ein unabhängiges Wirtschaftsforschungsinstitut, das sich mit Fragen der Wirtschaftspolitik, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie der Unternehmensentwicklung befasst. Screenshot: Unternehmerschaft Düsseldorf (Quelle: IW Köln)

Die Untersuchung, die auf Umfragen bei einer Vielzahl von Beschäftigten basiert, zeigt, dass der durchschnittliche Wunsch nach Arbeitszeitverkürzung über die Jahre zugenommen hat. Frauen äußern dabei im Durchschnitt den Wunsch, rund 29,5 Stunden pro Woche zu arbeiten, während Männer eine durchschnittliche Präferenz von etwa 35,4 Wochenstunden zeigen – ein Unterschied von rund sechs Stunden.

Besonders deutlich ist dieser Trend bei Männern zwischen 26 und 40 Jahren erkennbar. Während im Jahr 2007 noch eine Wochenarbeitszeit von fast 40 Stunden angestrebt wurde, ist dieser Wert bis 2021 auf etwa 36 Stunden gesunken. Auch bei anderen Altersgruppen, wie beispielsweise den über 40-Jährigen, zeigt sich eine vergleichbare Tendenz.

Interessanterweise lässt sich ein ähnliches Muster auch bei Schülern und Studenten erkennen, die zunehmend weniger Interesse an einer Vollzeitarbeit zeigen. Gleichzeitig steigt bei Nicht-Erwerbstätigen über 50 Jahren der Wunsch nach Teilzeitarbeit deutlich an.

Das IW betont, dass diese steigende Präferenz für Freizeit in einer Zeit auftritt, in der der demografische Wandel das Arbeitskräfteangebot stark beeinträchtigt. Diese Entwicklung stellt eine Herausforderung für die politischen Entscheidungsträger dar, da sie sich mit den Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft auseinandersetzen müssen.

Dr. Martin Kessler, Leitender Redakteur Politik bei der Rheinischen Post. Screenshot: Unternehmerschaft Düsseldorf. Quelle: pressrelations

Bereits vor einigen Tagen hatte RP-Chronist Martin Kessler die veränderte Einstellung der Deutschen zur Arbeit beleuchtet. Wir hatten darüber berichtet. Kessler schrieb unter anderem: >> Das US-Finanzportal „Bloomberg“ äußerte besorgt, ob die berühmte Arbeitsethik der Deutschen verloren gegangen sei. Laut OECD-Zahlen von 2022 arbeiteten deutsche Arbeitnehmer im Durchschnitt 1341 Stunden pro Jahr, der niedrigste Wert unter den entwickelten Ländern.

Eine „Neue Arbeit“ wurde von jungen Menschen angestrebt, die den Sinn des Lebens nicht mehr ausschließlich in der Berufstätigkeit sahen. Die Gewerkschaften hatten dazu beigetragen, die Wochenarbeitszeiten zu verkürzen, während die Babyboomer-Generation den Arbeitsmarkt verließ und damit Lücken hinterließ. Es wurde betont, dass Deutschland eine hohe Erwerbstätigenquote aufwies, aber fünf Millionen Arbeitnehmer bis 2030 fehlen würden. <<

Die Transformation zur Klimaneutralität erfordere jedoch Wachstum, höhere Produktivität und Mehrarbeit, so Kessler. Die Wertschätzung der Arbeit wäre daher von großer Bedeutung, um negative Folgen zu vermeiden. Kessler betonte: „Die Transformation der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität war aber nur mit Wachstum, höherer Produktivität und Mehrarbeit zu schaffen. Wir mussten den Wert der Arbeit wieder mehr schätzen lernen. Sonst konnte es böse enden.“ Dies sei die stärkste Botschaft zum 1. Mai, so Kessler.

Quellen: Rheinische Post (Ausgaben vom 30. April und 2. Mai 2024)