Gefährliche Mehrbelastungen für Firmenerben
Das Bundesverfassungsgericht hat Ende 2014 eine Neuregelung der Erbschaftssteuer angemahnt. Finanzminister Schäuble hatte daraufhin versprochen, das neue Gesetz „minimalinvasiv“ und „aufkommensneutral“ zu gestalten. Doch nach den nun bekannt gewordenen Plänen aus dem Bundesfinanzministerium ist von beiden Zielen nicht viel übrig: Der bürokratische Aufwand für die Unternehmen würde erheblich erhöht und Mehrbelastungen wären vorprogrammiert.
Im Dezember 2014 hatte das Bundesverfassungsgericht eine Begünstigung von Betriebsvermögen bei der Erbschaftssteuer grundsätzlich erlaubt, damit bei der Unternehmensnachfolge keine Arbeitsplätze gefährdet werden. Gleichzeitig hatte das Gericht allerdings eine Begrenzung der Begünstigung für größere Unternehmen gefordert. In den Augen des Gerichts bedürfen diese nämlich keiner Verschonung, da sie aufgrund ihrer Größe die finanziellen Möglichkeiten für Steuerzahlungen haben; große Unternehmen, die über diesen finanziellen Spielraum nicht verfügen, dürfen aber sehr wohl weiterhin verschont werden.
Damit hat das Verfassungsgericht den Gesetzgeber vor eine komplizierte Aufgabe gestellt. Denn es ist eigentlich nicht nachvollziehbar, warum bei größeren Unternehmen weniger Geld für Investitionen oder Umstrukturierungen benötigt werden soll als bei kleinen und mittleren. Allerdings möchte das Bundesfinanzministerium vermeiden, dass die Reform des Erbschaftssteuergesetzes erneut in Karlsruhe landet und dann zum wiederholten Male als verfassungswidrig eingestuft wird – wenn die Politik zu großzügig mit den Unternehmen umgeht.
Doch diese juristischen Überlegungen führen jetzt zu ökonomisch unsinnigen Ergebnissen: Gerade die Vorgabe, die Begünstigung zu begrenzen, möchte das Finanzministerium offensichtlich besonders streng umsetzen. Die aktuellen Pläne sehen eine Freigrenze von 20 Millionen Euro je Erbfall vor, bis zu der das Betriebsvermögen verschont werden soll. Dieses Limit ist sehr niedrig, hatte sich das Bundesverfassungsgericht selbst doch an einer Grenze von 100 Millionen Euro orientiert. Zudem sorgt die Ausgestaltung als Freigrenze dafür, dass die Erbschaftssteuer bei einer minimalen Überschreitung des Schwellenwertes sprunghaft ansteigt: Wenn der Schwellenwert auch nur um einen Euro überschritten wird, ist sofort jeder Euro Betriebsvermögen steuerpflichtig.
Berücksichtigt man zudem, dass der „wahre“ Wert von nicht börsennotierten Unternehmensbeteiligungen überhaupt nicht sachgerecht ermittelt werden kann, wird die Freigrenze zum Fallbeil. Die faire und sinnvolle Lösung kann nur ein Freibetrag für Betriebsvermögen sein – analog zum Einkommensteuerrecht, wo jeder seinen persönlichen Freibetrag hat, den er auch behält, wenn er mehr verdient.
Unternehmen oberhalb des geplanten Grenzwertes von 20 Millionen Euro träfe es nach den aktuellen Plänen sehr hart: Die Erbschaftssteuer würde auf den gesamten Unternehmenswert berechnet. Liegt der beispielsweise bei 100 Millionen Euro fallen bei einem Steuersatz von 30 Prozent 30 Millionen Euro Steuern an. Zwar wird Betriebsvermögen, das zu mehr als 50 Prozent dem primären Unternehmenszweck dient, auch in Zukunft verschont. Doch gleichzeitig schaut der Staat, wie der Erbe mit dem restlichen Vermögen die Steuer bezahlen kann. Und dafür wird im Betrieb bestehendes Vermögen, z.B. in Form von Immobilien, genauso wie bestehendes Privatvermögen herangezogen.
Gerade Immobilien müssten aber im Zweifelsfall erst veräußert werden. Und selbst wenn sie nicht primär dem Hauptzweck des Unternehmens dienen, müssten die anderen Gesellschafter erst zustimmen. Deshalb sollte nicht am Vermögen des Erben überprüft werden, ob eine Erbschaft von der Steuer verschont wird, sondern an den betrieblichen Bedürfnissen. Nur so lassen sich die Arbeitsplätze bei der Unternehmensnachfolge sichern. Quelle: IW Köln