ifo Institut: Arbeitsanreize für Frauen ausbauen
Das ifo Institut hat sich dafür ausgesprochen, die Erwerbsbeteiligung von Frauen auszuweiten. Dies sei notwendig, um die sozialen Sicherungssysteme zu stabilisieren, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen. Das schreiben Rainer, Leiter des ifo Zentrums für Arbeitsmarkt- und Bevölkerungsökonomik und Peichl, Leiter des ifo Zentrums für Makroökonomik und Befragungen im ifo Schnelldienst. „Durch eine bessere Kinderbetreuung und den Umbau des Ehegattensplittings sollte die Politik die Frauen- und Müttererwerbstätigkeit fördern. So könnte der finanzielle Spielraum erhöht und für mehr Gleichberechtigung und Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt gesorgt werden“, schreiben die Autoren. Um negative Erwerbsanreize für verheiratete Zweitverdiener und Zweitverdienerinnen zu verringern, sprechen sich die Autoren für ein gedeckeltes Realsplitting statt des Ehegattensplittings aus. Das laufe auf eine Individualbesteuerung mit Unterhaltsabzug hinaus. Je näher der steuerlich absetzbare Unterhaltsbetrag dem Grundfreibetrag für Erwachsene ist, desto größer sind die Beschäftigungseffekte. Deshalb empfehle sich gleichzeitig ein höherer Grundfreibetrag. Die aktuelle Situation führe zu Verzerrungen: Wechselte zum Beispiel eine Frau mit einem durchschnittlichen Bruttostundenlohn, die mit einem vollzeitbeschäftigen Mann verheiratet sei, von einer Nichterwerbstätigkeit in eine Teilzeitbeschäftigung mit 25 Arbeitsstunden pro Woche, so betrage ihr Grenzsteuersatz in Deutschland etwa 50 Prozent. In Schweden oder den USA sei neu erzieltes Einkommen mit einem Grenzsteuersatz von unter 30 Prozent deutlich geringer belastet. Damit begünstige das deutsche Ehegattensplitting das traditionelle Modell: Ein Partner ist erwerbstätig, der andere übernimmt die häusliche Sorgearbeit. Das stehe politischen Zielen wie der Gleichberechtigung der Geschlechter und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf entgegen. Das Zusammenspiel mit den Regelungen zur geringfügigen Beschäftigung und zur beitragsfreien Mitversicherung von Ehepartnern in der gesetzlichen Krankenversicherung verstärke die Auswirkungen des Ehegattensplittings auf die Arbeitsteilung zwischen verheirateten Frauen und Männern. In Deutschland arbeitet dem Aufsatz zufolge fast jede zweite Frau in Teilzeit. Durchschnittlich sind Frauen 30,5 Stunden pro Woche beschäftigt und damit rund vier Stunden weniger als etwa Frauen in Schweden oder Frankreich. Speziell der Übergang zur Elternschaft spiele hierfür eine entscheidende Rolle: In Deutschland schränkten Frauen ihren Erwerbsarbeitsumfang nach der Geburt eines Kindes überproportional stark ein. Trotz aller Verbesserungen in den letzten Jahren weist die Kinderbetreuung hinsichtlich Quantität und Qualität eklatante Schwächen auf. Der Betreuungsbedarf von Eltern mit Kindern unter drei Jahren sei vor allem in Westdeutschland lange nicht gedeckt: 46,6 Prozent der Eltern hatten sich 2019 einen Betreuungsplatz für ihr Kind gewünscht. Die Betreuungsquote lag lediglich bei 30,3 Prozent. Daher gelte es den Ausbau der institutionellen Kindertagesbetreuung voran zu treiben. Die Betreuungsangebote müssten sich räumlich und zeitlich flexibel an den Bedürfnissen von Eltern und ihrer Kinder ausrichten. Auch sei eine politische Offensive zur Gewinnung von pädagogischen Fachkräften an Kitas erforderlich.