Industriegipfel: Jetzt wird es verdammt ernst!

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(cs) Dem Mann sind drei Dinge wichtig: 1.) Industrie 2.) Industrie 3.) Industrie! In Düsseldorf trafen sich gestern Vertreter aus Wirtschaft und Politik zum Industriegipfel. Mal wieder, mag man sagen. Darunter auch Arndt G. Kirchhoff, unser Präsident der Landesvereinigung der Unternehmensverbände Nordrhein-Westfalen e.V. NRW will ein klares Zeichen für die Zukunft setzen. Das wird jetzt auch wichtig. Begleitet wurde das Treffen von Wirtschaftsministerin Mona Neubaur und dem Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski. Wir berichten über den gestrigen, komplexen Tag!
Der industriepolitische Austausch erfolgte in einer Zeit großer wirtschaftlicher Umbrüche: Hohe Energiepreise, steigende Produktionskosten und zunehmende internationale Konkurrenz setzen die deutsche Industrie erheblich unter Druck. Insbesondere Nordrhein-Westfalen als bedeutender Industriestandort mit energieintensiven Grundstoffindustrien ist stark betroffen. Die Vertreter der Wirtschaft und Politik waren sich einig: Es braucht entschlossene Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene, um die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern.
Ministerpräsident Wüst: „Industriepolitik muss Priorität haben“
Ministerpräsident Hendrik Wüst forderte ein klares Bekenntnis zur Stärkung des Industriestandorts Deutschland:
„Mit dem breiten Schulterschluss von Unternehmen, Arbeitgeberverband und Gewerkschaften aus Nordrhein-Westfalen senden wir ein klares Signal nach Berlin: Die künftige Bundesregierung muss der Industriepolitik absolute Priorität einräumen. Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche sind ein wichtiger erster Schritt, doch es muss in den anstehenden Koalitionsgesprächen nachgelegt werden. Wir brauchen bezahlbare Energie, Versorgungssicherheit und einen konsequenten Abbau der Bürokratie. Unsere Industrie braucht keine weiteren Hürden, sondern einen verlässlichen Rahmen für Wachstum und Investitionen.“

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Druck auf die Bundesregierung: Industrie fordert schnelle Entlastung
Wirtschaftsministerin Mona Neubaur betonte, dass nun entschlossenes Handeln gefordert sei:
„Vom heutigen Treffen geht ein deutliches Signal aus: Die neue Bundesregierung darf keine Zeit verlieren. Wir brauchen spürbare Entlastung bei den Energiepreisen, eine klare Strategie für die Transformation zur Klimaneutralität und mehr Tempo bei Digitalisierung und Zukunftstechnologien. Gleichzeitig müssen Planungs- und Genehmigungsverfahren erheblich beschleunigt werden, um Investitionen nicht zu blockieren. Wir setzen in NRW bereits Maßnahmen um, aber es braucht auch auf Bundesebene die richtigen Weichenstellungen.“
Arndt G. Kirchhoff, Präsident der Landesvereinigung der Unternehmensverbände Nordrhein-Westfalen e.V., stellte klar, dass der Industriestandort Deutschland tief in der Krise steckt:
„Die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und die Sicherung der Wertschöpfungsketten müssen jetzt höchste Priorität haben. Gerade für Nordrhein-Westfalen steht viel auf dem Spiel. Eine starke Industrie ist die Grundlage für Wohlstand, Arbeitsplätze und soziale Sicherheit. Die neue Bundesregierung muss zügig dafür sorgen, dass Deutschland international wieder konkurrenzfähig wird.“
Auch die Arbeitnehmerseite meldete sich zu Wort: Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall NRW, unterstrich die Notwendigkeit, das Vertrauen in die industrielle Transformation zurückzugewinnen:
„Täglich gehen viele gut bezahlte Arbeitsplätze verloren. Die Politik muss schnell handeln, um Fachkräftesicherung, Innovation und Investitionen voranzutreiben.“
Industriepolitischer Impuls: Kernforderungen aus NRW
Um die Wirtschaft zu stärken, Arbeitsplätze zu sichern und Innovationen zu fördern, wurden im heute verabschiedeten Impulspapier zentrale Forderungen formuliert:
- Energiepolitik: Eine Senkung der Energiepreise bleibt essenziell. Versorgungssicherheit muss durch den Ausbau wasserstofffähiger Gaskraftwerke, leistungsfähige Stromspeicher und flexible Kapazitätsmechanismen gewährleistet werden. Gleichzeitig sind regulatorische Hürden für Technologien wie Carbon Capture and Storage (CCS) abzubauen.
- Beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren: Nordrhein-Westfalen braucht schnelle Umsetzungsprozesse. Vorzeitige Baubeginne müssen erleichtert, Genehmigungen digitalisiert und Entscheidungsprozesse durch Zustimmungsfiktionen beschleunigt werden.
- Bürokratieabbau: Insbesondere für den Mittelstand sind praxistaugliche Regelungen notwendig. Die Übererfüllung europäischer Vorgaben („Gold Plating“) muss beendet und das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz unternehmensfreundlicher gestaltet werden.
Kommentar: Industrie braucht mehr als nur Neuansiedlungen – Bestandsunternehmen nicht vergessen!
Die wirtschaftlichen Herausforderungen für Industrieunternehmen in Düsseldorf und Nordrhein-Westfalen sind enorm. Hohe Energiepreise, überbordende Bürokratie und globale Konkurrenz setzen vor allem die Traditionsbetriebe unter Druck. Während viel über die Ansiedlung neuer Unternehmen gesprochen wird, gerät ein entscheidender Punkt oft aus dem Blick: die Bestandspflege.
Industriepolitik darf nicht nur nach vorn blicken, sondern muss auch das bewahren, was schon da ist. Viele Unternehmen, die seit Jahrzehnten Arbeitsplätze schaffen und zur wirtschaftlichen Stabilität beitragen, stehen vor existenziellen Fragen. Können sie hier in NRW weiter produzieren? Lohnt sich die Transformation hin zur Klimaneutralität unter den aktuellen Rahmenbedingungen? Gibt es ausreichend Planungssicherheit für Investitionen?
Es reicht nicht, große Industrieansiedlungen als Erfolgsgeschichte zu verkaufen (wenn es diese überhaupt noch gibt). Wer die industrielle Substanz des Landes erhalten will, muss sich auch um die Unternehmen kümmern, die längst hier sind – mit weniger Bürokratie, bezahlbarer Energie und schnelleren Genehmigungsverfahren. Es geht um mehr als Wachstum – es geht darum, eine starke Basis nicht zu verlieren. Das gilt im Besonderen auch für Düsseldorf und Umgebung.
Dieser Artikel entstand unter anderem mit Material von „unternehmer nrw“.