Institut der Deutschen Wirtschaft: In typischen Frauenberufen fehlen Fachkräfte – Optimierung der Beruflichen Orientierung – in diesem Bereich engagiert sich unsere „Girls & Boys Academy“

Girls & Boys Academie mit Ministerin Ina Scharrenbach. Archivbild: Gerd Kaemper/ gkfoto.de

Fünf der zehn vom Fachkräftemangel am stärksten betroffenen Berufe in Deutschland sind klassische Frauenberufe. Das geht aus einer bisher noch unveröffentlichten Studie unseres Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hervor. Darüber berichtet heute die Rheinische Post. Demnach fehlen bundesweit rund 633.000 qualifizierte Arbeitskräfte. Besonders groß ist die Lücke in der Sozialarbeit, bei der Kinderbetreuung und in der Pflege – Bereiche, in denen hauptsächlich Frauen arbeiten und in denen die Belastung des Personals wächst.

Das Problem ist allerdings nicht neu. Bereits im Sommer des vergangenen Jahres fand das IW heraus: „Der Fachkräftemangel ist eine der größten Herausforderungen für die Wirtschaft. Über alle Berufe hinweg fehlen derzeit fast 540.000 Fachkräfte – Tendenz steigend. Besonders groß sind die Lücken in der Sozialarbeit, der Erziehung, der Pflege, der IT und dem Handwerk. Die zehn Berufe, die aktuell am stärksten vom Fachkräftemangel betroffen sind, lassen sich als typische Männer- oder Frauenberufe beschreiben.“

Sozialarbeit, Pflege und Erziehung besonders betroffen

Die größten Lücken gibt es in Sozialarbeit und Sozialpädagogik, also beispielsweise in Kinderheimen, der Suchtberatung oder Jugendämtern. Für 80 Prozent der offenen Stellen gab es rechnerisch bundesweit keine passend qualifizierten Arbeitslosen, über 23.000 Fachkräfte fehlen. Groß ist die Lücke auch in der Kinderbetreuung und Erziehung: Hier können fast 74 Prozent der Arbeitsplätze nicht besetzt werden, weil passend ausgebildetes Personal fehlt. Mehr als 97 Prozent der Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, sind Frauen – mehr als in allen anderen Berufsgruppen. Durch die Lücke ergibt sich eine hohe Arbeitsbelastung. Ähnlich ist es in der Alten- und Krankenpflege: Hier sind rund 80 Prozent der Beschäftigten Frauen. Und es fehlen tausende Fachkräfte: Rund 35.000 von 43.000 offenen Stellen können nicht besetzt werden, weil es bundesweit keine passend qualifizierten Arbeitslosen gibt.

Geschlechterrollen müssen aufgebrochen werden

Lösungsorientiert schlägt das IW vor, die Berufliche Orientierung zu optimieren, um Geschlechterklischees bei der Berufswahl abzubauen. „So kann es sich lohnen, Mädchen und Jungen schon früh für die Arbeit in Engpassberufen zu begeistern – am besten klappt das mit Rollenvorbildern. Darüber hinaus lohnt es sich für Unternehmen, in ihren Stellenausschreibungen die unterrepräsentierte Gruppe gezielt anzusprechen, um mehr Bewerbungen zu erhalten. Das Aufbrechen der Stereotype kann dazu beitragen, dass sich junge Menschen stärker an den eigenen Neigungen und Fähigkeiten orientieren und diese mit der Arbeitsmarktnachfrage abgleichen – anstatt mit gesellschaftlichen Erwartungen. So würde eine bessere Passung zwischen Arbeitskräftenachfrage und -angebot erzielt.“

Es bleibt ein weiter Weg, um die Lücken zu schließen und damit die Arbeitsbelastung für Frauen – und Männer – zu verringern. So sollte möglichst früh in die berufliche Orientierung von Kindern- und Jugendlichen investiert werden. Geschlechterrollen müssen aufgebrochen und junge Menschen ermutigt werden, ihre berufliche Zukunft aufgrund ihrer Fähigkeiten und Interesse zu wählen. Wegen des demografischen Wandels ist es außerdem unverzichtbar, mehr qualifizierte Zuwanderer zu gewinnen. „Unternehmen müssen besser auf die Bedürfnisse von dem jeweils anderen Geschlecht eingehen“, sagt Studienautorin Lydia Malin. „Nur so können die Lücken etwas verringert werden. Dabei helfen eine gendergerechte Sprache und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.“

In diesem Bereich ist unsere „Girls & Boys Academy“ unterwegs. Sie begleitet Mädchen und Jungen in einem intensiven, kontinuierlichen Prozess, bei dem sie ihre Persönlichkeit entwickeln, ihre Interessen erkunden, ihre Stärken entdecken, soziale Kompetenzen erlernen, sich selbst reflektieren sowie weibliche bzw. männliche Vorbilder in den jeweiligen Berufsfeldern kennenlernen. Dabei setzten wir auf eine geschlechterneutrale Berufswahl- und Stärkenorientierung. Unsere Inhalte bauen auf lern- und erlebnispädagogische Elemente sowie praxisorientierte Übungen zur Stärkenfindung. Zudem werden wir mit den Schülerinnen und Schüler Rollenklischees mit Hilfe von genderuntypischen Berufsvorbildern hinterfragt.