Kakao in der Krise: Warum Schokolade immer teurer wird – und wie neue Technologien die Branche verändern könnten

Foto: Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V.

(cs) Pünktlich zu Ostern trübt eine bittere Wahrheit die Laune vieler Verbraucherinnen und Verbraucher: Schokolade wird zum Luxusgut. Die Preise für Kakaobohnen haben sich in den vergangenen zehn Jahren nahezu verdreifacht – und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht, schreibt uns das Düsseldorfer Beratungsunternehmen A.T. Kearney GmbHDie Gründe dafür sind vielschichtig: Klimawandel, Schädlingsbefall, neue Regulierungen und eine hohe Abhängigkeit von wenigen Anbauregionen setzen die globale Schokoladenindustrie massiv unter Druck. Doch es gibt Hoffnung – in Form innovativer Technologien, die den Kakaoanbau revolutionieren könnten.

Klimawandel, Schädlinge, Regulierung: Die Krise der Kakaoproduktion
Zwischen 2014 und 2024 stieg der weltweite Preis für Kakaobohnen um rund 177 Prozent. Hauptursache: Die klimatischen Bedingungen in den wichtigsten Anbauländern, allen voran der Elfenbeinküste und Ghana, verschlechtern sich dramatisch. Langanhaltende Dürreperioden, Krankheiten wie das „Swollen Shoot Virus“ oder die „Black Pod Disease“ sowie illegale Rodungen für den Bergbau verringern die Ernteerträge spürbar. Hinzu kommt die stetig steigende Nachfrage – vor allem in Europa und Nordamerika wächst der Konsum jährlich um 3,5 Prozent.

Ein weiterer Druckfaktor: Ab Ende 2025 greift in der EU die neue Entwaldungsverordnung. Große Importeure müssen künftig nachweisen, dass ihre Produkte nicht zur Abholzung tropischer Regenwälder beitragen. Für viele Schokoladenhersteller bedeutet das: umdenken, handeln – und investieren.

Labor statt Plantage: Zellbasierter Kakao als Hoffnungsträger
Eine vielversprechende Alternative zur herkömmlichen Kakaoproduktion ist zellbasierter Kakao. Das Prinzip: Aus Zellen einer Kakaopflanze wird in Bioreaktoren ein kakaohaltiges Produkt gezüchtet, das in Geschmack und Textur kaum vom Original zu unterscheiden ist. Der ökologische Vorteil: keine Abholzung, keine Pestizide, keine Ernteausfälle – dafür eine konstant hohe Qualität und Unabhängigkeit von klimatischen Bedingungen.

Noch steht die Technologie jedoch am Anfang: Zellbasierter Kakao ist derzeit rund fünfmal so teuer wie konventionell angebauter. Experten rechnen jedoch damit, dass mit zunehmender Skalierung die Produktionskosten in den nächsten zehn Jahren deutlich sinken werden – und das Verfahren so auch für den Massenmarkt attraktiv wird.

Controlled Environment Agriculture: Kakao aus dem Gewächshaus
Eine weitere Innovationsrichtung: der Kakaoanbau in kontrollierten Umgebungen – etwa in Hightech-Gewächshäusern oder modularen Indoor-Farmen. Diese Form der „Controlled Environment Agriculture“ (CEA) verspricht konstante Erträge, geringeren Wasserverbrauch und eine Produktion nahe an den Verbraucherzentren – was Transportkosten und Emissionen senkt. Unternehmen wie Gotham Greens oder Freight Farms machen vor, wie nachhaltiger Anbau in urbanen Räumen funktionieren kann.

Doch auch hier ist der Weg nicht ohne Hürden: Die initialen Investitionen sind hoch, und die Wirtschaftlichkeit bei Rohstoffen wie Kakao muss sich erst noch beweisen.

Zulassung und Marktreife: Der regulatorische Flaschenhals
Die größte Herausforderung auf dem Weg in eine neue Schokoladenwelt bleibt jedoch die Zulassung. In den USA könnte das Verfahren für zellbasierten Kakao ein bis drei Jahre dauern, in der EU sogar bis zu fünf. Fragen zu Lebensmittelsicherheit, Allergenität und Kennzeichnung stehen im Raum – ebenso wie gesellschaftliche Debatten rund um Gentechnik. Dennoch zeigen sich Expertinnen und Experten optimistisch: Wer frühzeitig investiert und regulatorische Entwicklungen genau verfolgt, könnte langfristig vom Wandel profitieren.

Die Zukunft ist hybrid
Komplett ersetzen wird zellbasierter Kakao die konventionelle Produktion wohl nicht – zumindest nicht in naher Zukunft. Wahrscheinlicher ist ein hybrides Modell: traditionelle und innovative Produktionsmethoden, die sich sinnvoll ergänzen. Besonders im Premiumsegment sehen Fachleute Potenzial für nachhaltige High-End-Produkte. Doch mit sinkenden Produktionskosten könnte auch der Massenmarkt folgen.

Fazit:
Die Schokoladenindustrie steht an einem Wendepunkt. Die Herausforderungen der traditionellen Kakaoproduktion nehmen zu – doch technologische Innovationen bieten Lösungen. Zellbasierter Kakao und kontrollierter Anbau könnten nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ökologisch die Zukunft der Schokolade sichern. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit – und mit der wachsenden Sehnsucht nach dem süßen Genuss ohne bitteren Beigeschmack.