Mobiles Arbeiten: Beteiligte wissen am besten, wie es klappt
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil möchte einen Erörterungsanspruch auf Homeoffice durchsetzen. Doch sein Vorhaben lässt viel Interpretationsspielraum – im schlimmsten Fall müssten sich Arbeitsgerichte mit Klagen auseinandersetzen. Dabei wissen die Beteiligten am besten, wie mobiles Arbeiten in Zukunft gelingen kann.
Neue Regierung, neues Glück: Im ersten Jahr der Corona-Pandemie, als Millionen Beschäftigte auf einen Schlag ins Homeoffice ausweichen musste, wollte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ein Recht auf eben jenes per Gesetz festzurren. Doch die Union, der damalige Koalitionspartner, stellte sich quer. Mit den Grünen und der FDP startet Heil nun einen zweiten Versuch. Ein sogenannter gesetzlicher Erörterungsanspruch soll sicherstellen, dass Beschäftigte ihren Homeoffice-Wünschen mehr Nachdruck verleihen können. Der Arbeitgeber darf nur ablehnen, wenn betriebliche Belange dagegensprechen.
Was zunächst eingängig klingt, dürfte in der Praxis allerdings mit einer großen Rechtsunsicherheit verbunden sein. Können sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht einigen, müssten im Extremfall Arbeitsgerichte entscheiden. Situationen, die auf den ersten Blick das Arbeiten im Homeoffice erlauben, können aus Sicht der Unternehmen mit Umständen verbunden sein, die diesem im Wege stehen: Gerechtigkeitsabwägungen unterschiedlicher Abteilungen spielen genauso eine Rolle wie die Beeinträchtigung von Arbeitsprozessen, die Eignung des betreffenden Mitarbeiters oder eine fehlende Vertrauensbasis. Eine neue IW-Auswertung zeigt, dass derartige Erwägungen, die zwangsläufig subjektiv sind, eine wichtige Rolle spielen.
Ein weiteres Problem: Es ist zu befürchten, dass die Beweislast bei der Arbeitgeberseite liegen wird, was aufgrund der bürokratischen Lasten besonders kleine Unternehmen treffen würde. Sinnvoller wäre es daher, regelmäßig zu prüfen, welche Rahmenbedingungen für Betriebe und Beschäftigte förderlich sind, um einerseits die Zufriedenheit und Gesundheit der Belegschaft und andererseits die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe in Einklang zu bringen. Unternehmen und Beschäftigte müssen daher in einem konstruktiven Dialog spezifische Lösungen über das Ob und Wie des Homeoffice finden. Der Erörterungsanspruch birgt in seiner jetzigen Form das Risiko, diesen Aushandlungsprozess aus der Balance zu bringen.
Quelle: Institut der Deutschen Wirtschaft; Oliver Stettes