Start der Tarifverhandlungen in der ME-Industrie: Industrie in der Krise – harte Verhandlungen voraus
Am heutigen Donnerstag (12. September) haben in Aachen die Tarifverhandlungen für die nordrhein-westfälischen Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie begonnen. Die Gewerkschaft IG Metall (IGM) fordert eine Lohnerhöhung von sieben Prozent für die bundesweit 4,6 Millionen Beschäftigten. Außerdem fordert die IGM monatlich 170 Euro mehr Lohn für die Azubis.
Die Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen beschäftigt rund 700.000 Menschen, von denen über 420.000 in tarifgebundenen Unternehmen arbeiten. Die Tarifverhandlungen betreffen sowohl große Automobilhersteller als auch Zulieferer und kleinere Metallverarbeitungsbetriebe – insgesamt rund 2.000 Unternehmen in NRW. Die Friedenspflicht läuft bis zum 28. Oktober.
In der komplexen ersten Verhandlungsrunde tauschten sich Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertreter über ihre unterschiedlichen Standpunkte aus. Die Arbeitgeberseite betonte, dass die wirtschaftliche Lage der Branche kritisch sei. So präsentierten die Arbeitgeber gesamt- und volkswirtschaftliche Kennzahlen, die die dramatische Situation in der Metall- und Elektroindustrie unterstreichen. Im ersten Quartal 2024 lag die Produktion sieben Prozent unter dem Vorjahresniveau und 14 Prozent unter dem Stand von 2018. Zwei von fünf Unternehmen in der Branche sind mittlerweile von Auftragsmangel betroffen, und die Auftragseingänge sind weiter um sieben Prozent gesunken.
Die Arbeitgeber hoben hervor, dass die Rezession anhalte und eine wirtschaftliche Erholung derzeit nicht absehbar sei, insbesondere in den Betrieben in Düsseldorf und NRW. Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall warnte zudem vor einem drohenden Abbau der Industrie in Deutschland, wenn keine pragmatischen Lösungen gefunden werden.
„Unsere Industrie befindet sich insgesamt in einer sehr kritischen Ecke. Sieben Prozent mehr Entgelt für die Beschäftigten sind da völlig unrealistisch“, erklärte der Präsident des Verbandes der Metall- und Elektro-Industrie Nordrhein-Westfalen (METALL NRW), Arndt G. Kirchhoff. Er betonte, auch die IG Metall müsse ein elementares Interesse daran haben, „dass Nordrhein-Westfalen weiterhin ein guter M+E-Standort mit vielen attraktiven, sicheren und zukunftsfesten Industriearbeitsplätzen bleibt“. Daher könne er die Gewerkschaft nur davor warnen, die Betriebe jetzt tarifpolitisch zu überfordern.
In der Beurteilung der wirtschaftspolitischen Lage seien die Tarifpartner nach Worten des NRW-Metallarbeitgeberpräsidenten zumindest schon einmal nicht weit auseinander. Auch die IG Metall moniere zu recht seit Monaten zu hohe Energiekosten, langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren und überbordende Bürokratie im Land. „Das begrüße ich ausdrücklich“, sagte Kirchhoff. Diese wirtschaftspolitischen Hürden belasteten insbesondere die Kosten-Wettbewerbsfähigkeit heimischer Industriestandorte. Umso wichtiger sei es jetzt, in der anstehenden Tarifrunde die Belastung der M+E-Betriebe nicht auch noch durch einen überzogenen Tarifabschluss in unverantwortliche Höhen zu treiben. Die Tarifparteien gerade in Nordrhein-Westfalen hätten schon häufig bewiesen, insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten belastbare und tragfähige Kompromisse zu vereinbaren. „Wir sollten alles daran setzen, dass uns dies auch in dieser Tarifrunde wieder gelingt“, so Kirchhoff.
Die Verhandlungen werden schwer und komplex. Ob am Ende NRW den Pilotabschluss macht? „NRW ist immer bereit und in der Lage, den Pilotabschluss zu machen“, sagte Knut Giesler, Bezirksleiter der Gewerkschaft in NRW, der Rheinischen Post.
Die Verhandlungen werden in den kommenden Wochen fortgesetzt. Michael Grütering (Foto links), Hauptgeschäftsführer der Verbände in Düsseldorf und Gelsenkirchen, vertritt die Betriebe bei den Tarifverhandlungen.
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