Arnd Kirchhoff: Der Mann hinter den Tarifverhandlungen in NRW
In wenigen Wochen beginnen in Nordrhein-Westfalen die Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie. Diese Gespräche werden ehrenamtlich von Arnd Kirchhoff geleitet, der hauptberuflich das Familienunternehmen Kirchhoff Automotive führt. Die Rheinische Post hat ein Porträt über diesen dynamischen Unternehmer verfasst, welches wir hier zusammenfassen.
Kirchhoff Automotive ist ein Paradebeispiel für erfolgreiche Globalisierung. Von den 8100 Beschäftigten weltweit arbeiten 86 Prozent im Ausland, davon allein ein Viertel in Polen. Die deutschen Autobauer lassen ihren Stahl nach Polen transportieren, wo er zu Karosserieteilen verarbeitet wird, die dann zurück nach Deutschland gehen. Täglich erreichen 106 Lkw das Werk in Gliwice, wo die Produktion über das SAP-Netzwerk vom Sauerland aus überwacht wird. Arnd Kirchhoff betont jedoch die Bedeutung der lokalen Autonomie: „Unsere Werksleiter sind stets Einheimische,“ erklärt der 69-Jährige.
Polen ist ein attraktiver Standort für Kirchhoff. Der Mindestlohn liegt bei 1000 Euro, doch Kirchhoff zahlt seinen Mitarbeitern, auch den Ungelernten, mehr. Philippinische Zeitarbeiter, die in Polen arbeiten, erhalten dasselbe Gehalt wie Festangestellte. Diese Mitarbeiter sind gut integriert, sprechen Englisch und teilen den katholischen Glauben. Ein Viertel der Belegschaft sind Frauen, was für Polen bemerkenswert ist.
„Die Arbeitsmoral in Polen unterscheidet sich von der in Deutschland,“ sagt Kirchhoff. Die polnischen Mitarbeiter seien oft ehrgeiziger und kreativer in der Problemlösung. Diese Zusammenarbeit erinnert an den Rheinischen Kapitalismus, der auf Sozialpartnerschaft setzt. So unterstützte das Unternehmen beispielsweise den Bau einer Straße in einer Neubausiedlung, die nun „Kirchhoff Ulica“ heißt.
Kirchhoff betont, dass nicht die Löhne, sondern die Steuerlast und Energiepreise den Unterschied ausmachen. In Polen liegt die Steuerlast für Unternehmen bei 12,9 Prozent, während sie in Deutschland 28,5 Prozent beträgt. Kirchhoff profitiert zudem von Steuerbefreiungen für investierende Firmen und günstigen Kohlestrom.
Die Globalisierung hat Kirchhoff Automotive wettbewerbsfähig gemacht. Das Unternehmen, das 1785 als Nadelfabrik in Iserlohn gegründet wurde, expandierte 1993 nach Portugal und später nach Mexiko, Osteuropa, Russland und China. Die Kirchhoff-Geschwister führen das Unternehmen in vierter Generation gemeinsam.
Arnd Kirchhoff ist bekannt für seine bodenständige Art. Statt in Luxus zu investieren, chartert er mit seinen Geschwistern ein Segelboot und überquert den Atlantik. In Europa fliegt er Economy Class. Seine Familie sorgt ebenfalls für Bodenhaftung: Seine Frau ist Ärztin und hat in der Corona-Pandemie im Sauerland beim Impfen geholfen. Die drei adoptierten Töchter verfolgen ihre eigenen Karrieren, eine von ihnen ist Schauspielerin.
Der 69-Jährige ist nicht nur unternehmerisch, sondern auch in zahlreichen Verbänden aktiv, darunter als Präsident von Metall und Unternehmer NRW. Er warnt vor zu starren Klimazielen, die die Industrie gefährden könnten, und hält den Kohleausstieg bis 2030 in NRW für unwahrscheinlich.
Neben all diesen Aufgaben wird Kirchhoff nun auch die Tarifverhandlungen für die Metall- und Elektroindustrie führen, die rund 700.000 Beschäftigte allein in NRW betreffen. Er plädiert für höhere Löhne, warnt jedoch vor Übertreibungen. Über die Viertagewoche will er nicht diskutieren, da sie bereits tarifvertraglich möglich ist. Es bleibt abzuwarten, ob Nordrhein-Westfalen dieses Mal den Pilotabschluss in dieser wichtigen Branche machen wird.