Chemie-Tarifrunde 2024: Verhandlungen zur Sicherung von Standort und Beschäftigung

In der kommenden Woche beginnen die Verhandlungen für die Tarifrunde 2024 zwischen der IGBCE und den Chemie-Arbeitgebern. Die Entgelttarifverträge für 1.700 Betriebe mit 585.000 Beschäftigten laufen am 30. Juni 2024 aus. In Anbetracht der angespannten wirtschaftlichen Lage der Branche liegt der Schwerpunkt der Tarifpolitik von Gewerkschaft und Arbeitgebern auf dem Schutz von Standort und Beschäftigung. Dies wird durch die bereits erfolgte zweite Stufe der Tariferhöhung aus der Chemie-Tarifrunde 2022 für die Beschäftigten seit Anfang 2024 unterstrichen.

Matthias Bürk will als Verhandlungsführer der hessischen Chemie-Arbeitgeber die bewährte Sozialpartnerschaft fortsetzen. Foto: HessenChemie

Matthias Bürk, Verhandlungsführer des BAVC, betont vor Beginn der Chemie-Tarifverhandlungen die Dringlichkeit der Anerkennung der kritischen Lage der Branche durch die IGBCE. Die Gewerkschaft müsse verstehen, dass eine Bewältigung der Krise nur durch gemeinsame Anstrengungen möglich sei. Die bisherige Darstellung der Gewerkschaft verharmlose die Situation, um eine Entgeltforderung zu legitimieren, die nicht mit der wirtschaftlichen Realität vereinbar sei. Seit dem Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine sei die Produktion von Chemie und Pharma in Deutschland um 9 Prozent gesunken, während der Umsatz um 10 Prozent gesunken sei. Dies führe zu einem Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit und einer Stagnation in der Produktion seit 2005.

Bürk argumentiert weiter, dass die Forderungen der IGBCE weder der Krise angemessen noch finanzierbar seien. In einer Zeit ohne Wachstum könnten keine zusätzlichen Mittel verteilt werden. Es sei notwendig, den Schutz des deutschen Standorts zu priorisieren und gemeinsam die De-Industrialisierung zu stoppen, um die Beschäftigung zu sichern. Eine Tarifeinigung für die aktuelle Krise sei entscheidend.

Des Weiteren hebt Bürk hervor, dass die Entgelte zu Jahresbeginn bereits um 3,25 Prozent erhöht wurden, zusätzlich zu 1.500 Euro steuer- und beitragsfreiem Inflationsgeld. Da die Inflationsprognose bei 2,3 Prozent liegt, würden die Beschäftigten real mehr Geld in der Tasche haben. Er betont, dass die Chemie- und Pharmaindustrie nach wie vor eine Hochlohn-Branche sei, in der es keinen Bedarf an weiteren Entgeltsteigerungen oder anderen tariflichen Leistungen gebe.

Bürk bekräftigt das Interesse der Chemie-Arbeitgeber an einer Stärkung der Chemie-Sozialpartnerschaft und betont die Notwendigkeit, die Tarifbindung auf beiden Seiten zu erhöhen. Jedoch lehnt er eine bevorzugte Behandlung von Gewerkschaftsmitgliedern ab, da dies zu Spaltungen in den Belegschaften führen könne und von Arbeitgeberseite nicht akzeptiert werde. Die Arbeitgeber haben verschiedene Vorschläge entwickelt, um die Tarifbindung auf beiden Seiten zu stärken, ohne eine bevorzugte Behandlung von Gewerkschaftsmitgliedern.

In Bezug auf eine Modernisierung des Bundesentgelttarifvertrags stehen die Arbeitgeber grundsätzlich offen, solange keine zusätzlichen Kosten entstehen. Ihr Ziel ist es, die Chemie-Tarifverträge zu vereinfachen und attraktiver zu gestalten, um deren Anwendung schneller, flexibler und einfacher zu machen. Die Diskussionen sollen in der nächsten Woche in Rheinland-Pfalz beginnen, wobei die Gewerkschaft aufgrund von Abschlüssen in anderen Branchen unter Druck steht, hohe Forderungen zu stellen.

Hintergrundinformationen:

In Nordrhein-Westfalen (NRW) gibt es zahlreiche große Chemieunternehmen, die in verschiedenen Branchen tätig sind. Einige der bekanntesten sind:

1. Bayer AG: Das Unternehmen mit Hauptsitz in Leverkusen ist eines der größten Pharma- und Chemieunternehmen der Welt. Bayer ist in den Bereichen Gesundheit, Agrarwirtschaft und Materialwissenschaften tätig.

2. BASF SE: Obwohl der Hauptsitz in Ludwigshafen liegt, betreibt BASF auch bedeutende Produktionsstätten und Forschungseinrichtungen in NRW, insbesondere im Raum Köln und im Ruhrgebiet. BASF ist das weltweit führende Chemieunternehmen und produziert eine breite Palette von Chemikalien für verschiedene Branchen.

3. Evonik Industries AG: Das Unternehmen mit Hauptsitz in Essen ist ein weltweit führender Spezialchemiekonzern. Evonik produziert eine Vielzahl von Produkten, darunter Spezialchemikalien, Hochleistungskunststoffe, TiO2 und mehr.

4. Covestro AG: Das Unternehmen mit Sitz in Leverkusen ist ein globaler Hersteller von Hochleistungspolymeren und ist aus dem Bayer-Konzern hervorgegangen. Covestro produziert unter anderem Kunststoffe, Lacke, Klebstoffe und Dämmstoffe.

5. Lanxess AG: Das Unternehmen mit Hauptsitz in Köln ist ein Spezialchemieunternehmen, das eine breite Palette von Chemikalien für verschiedene Anwendungen herstellt, darunter Kautschuk, Kunststoffe, Farbstoffe, Additive und Spezialchemikalien.

Diese Unternehmen sind nur einige Beispiele für die vielfältige Chemieindustrie in Nordrhein-Westfalen, die eine wichtige Rolle in der deutschen und globalen Wirtschaft spielt.