Viele Frachtschiffe bewegen sich aktuell nicht – viele Unternehmen auch in unserer Region betroffen

Viele per Schiff transportierte Güter stecken aktuell fest. Der Anteil der Güter auf Schiffen, die sich zurzeit nicht bewegen, liegt mit knapp 12 Prozent schon jetzt fast so hoch wie zu Spitzenzeiten 2021, zeigen Daten des Instituts für Weltwirtschaftforschung zu Frachtschiffen, die gerade nicht in Häfen abgefertigt werden. Der Großteil der betroffenen Schiffe staut sich demnach vor den Häfen. „Sollten wieder diverse Lieferketten aufgrund Chinas Covid-Politik zusammenbrechen, wäre der Schaden für die Weltwirtschaft erheblich“, sagte ein Sprecher.
Der russische Überfall auf die Ukraine wirkt sich bereits auf die Welthandelsströme aus. In hohem Tempo werden etablierte Lieferketten und Transportwege gekappt oder umstrukturiert. Die Folgen sind dabei nicht auf das eigentliche Kriegsgebiet beschränkt, sondern sind dabei, sich global auszuwirken. Über alle Verkehrsträger hinweg gibt es zwei wiederkehrende Aspekte. Zum einen ist Russland praktisch über Nacht zum meist sanktionierten Land der Welt geworden. Mehr als 5.500 Sanktionen sind inzwischen gegen Russland in Kraft, davon wurden gut 3.000 seit dem 23. Februar erlassen. Das sind mehr als gegen Syrien oder Nordkorea insgesamt bestehen. Damit ist die Zahl der von Logistikern im Zusammenhang mit Russland zu beachtenden Regeln enorm gestiegen. Das hat zur Folge, dass Transporte nach oder über Russland fast nur über Einzelabfertigungen erfolgen können. Allerdings ist die Nachfrage nach solchen Transporten auch deutlich gesunken. Zahlreiche wichtige Logistikunternehmen koppeln das Land von den bestehenden Logistiknetzen ab. Zeitgleich ziehen sich zunehmend auch die bisherigen Verlader aus dem Russlandgeschäft zurück und müssen viele Lieferketten neu ausrichten. Diese Gemengelage betrifft die einzelnen Verkehrsträger recht unterschiedlich.
Die Masse der Welthandelsströme werden per Schiff abgewickelt. Deshalb sind auch viele Unternehmen in Düsseldorf und Umgebung betroffen. Über 90 Prozent der Betriebe betreiben Außenhandel. Das direkt vom Krieg betroffene Schwarze Meer liegt eher am Rand der Hauptschifffahrtsrouten, auch wenn es eine der wichtigsten Verladeregionen für Weizen ist und auch über Verladeterminals für russisches Öl verfügt. Dennoch sitzen seit Kriegsbeginn über 100 Schiffe in Häfen der beiden Kriegsparteien fest und es wurden auch schon Frachter beschossen.

Gravierender sind die Folgen des Rückzuges der meisten großen Logistikunternehmen, die schon in allen russischen Häfen spürbar sind. Bereits im Februar verzeichnete das Kieler Institut für Weltwirtschaft einen Exportrückgang über den Hafen von Sankt Petersburg um 17 Prozent. Dieser Effekt verstärkt sich in der ersten Märzwoche deutlich. Über alle russischen Häfen wurde ein Rückgang der in Russland angelandeten Waren gegenüber der letzten Woche vor Kriegsbeginn von 40 Prozent gemeldet (Trans-info, 2022). Besonders groß ist der Rückgang bei Konsumgütern gewesen, wo die über See eingeführte Menge um 57 Prozent sank. Die für Russlands Handelsbilanz wichtige Verschiffung von Öl und Gas sank in der ersten Kriegswoche um 12 Prozent.

Hier zeichnet sich bereits ab, dass gerade auch die Welthandelsströme für Mineralöle infolge des Kriegs massiv umstrukturiert werden. Die großen westlichen Ölkonzerne haben ihren Abschied vom Russlandgeschäft verkündet und wollen nach Möglichkeit kein russisches Öl mehr abnehmen. Als Folge dieses Rückzugs wurde das russische Öl ab der Ostseeküste zum Ladenhüter. Mit einem Preis von gut 80 Dollar pro Fass am 15. März 2022 war es das wohl billigste Öl auf dem Weltmarkt. Die Preisdifferenz zum Brent lag bei etwa 25 Dollar pro Fass. Ein weiterer Effekt des Rückzugs der Ölkonzerne aus Russland sind global steigende Transportkosten für Öl, da die europäische Ölnachfrage verstärkt aus weiter entfernt liegenden Quellen bedient werden muss.

Es werden also mehr Tanker auf längeren Strecken benötigt. Dies zeigt sich daran, dass sich die Charterraten für Öltanker (Dirty-Tanker-Index) in zwei Wochen verdoppelt haben. Bei den Tankern für Mineralölprodukte (Clean-Tanker-Index) war ebenfalls ein massiver Anstieg zu verzeichnen. Dieser ist aber geringer ausgefallen als bei den Öltankern. Das dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass es bei verarbeitetem Mineralöl und gerade bei Diesel weniger alternative Lieferanten gibt als bei Rohöl. Mit steigenden Charterraten wird wegen der Verlagerung von bisher auf der Seidenstraße transportierten Gütern auch bei Containerschiffen gerechnet.

Mit Material des ifw und des IW Köln