Die Ampeln vor dem Haus des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln stehen symbolisch auf Rot, wenn es um unsere Konjunktur geht. Foto: Unternehmerschaft Düsseldorf
Hohe Kosten, politische Unsicherheit, schwache Impulse – unsere Betriebe stecken fest und befinden sich teilweise im Krisenmodus. Laut der neuen Konjunkturprognose des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) wird die Lage 2025 kaum besser: Nur ein Mini-Wachstum von 0,1 Prozent, eine steigende Arbeitslosenquote und zurückhaltende Investitionen zeigen die ernüchternde Realität. Christoph Sochart fasst für uns die Ergebnisse aller Wirtschaftsinstitute zusammen.
Alle Wirtschaftsinstitute in Deutschland stützen die Ergebnisse des IW Köln: Nach einem weiteren Rückgang der Wirtschaftsleistung in diesem Jahr ist auch für 2025 kein deutlicher Aufschwung zu erwarten. Stattdessen gehen die Experten von steigenden Arbeitslosenzahlen aus. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) rechnet für 2025 mit einer Stagnation, während DIW, IWH, RWI und das Ifo-Institut Wachstumsraten zwischen 0,2 und 0,6 Prozent prognostizieren.
Das RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung erwartet für 2024 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent, nachdem in der Septemberprognose noch ein leichter Anstieg um 0,1 Prozent vorhergesagt wurde. Für 2025 wird ein Wirtschaftswachstum von 0,6 Prozent prognostiziert, gefolgt von einer weiteren Erholung auf 1,3 Prozent im Jahr 2026. Die Arbeitslosenquote wird 2025 voraussichtlich bei 6,1 Prozent liegen und 2026 leicht auf 5,9 Prozent sinken.
Das aktuelle ifo-Basisszenario geht davon aus, dass die schwache Entwicklung der vergangenen Jahre vor allem strukturell bedingt war und der Strukturwandel bereits sichtbare Spuren im Produktionspotenzial hinterlassen hat. Gleichzeitig wird unterstellt, dass es auch in den kommenden Jahren keine durchgreifenden Veränderungen geben wird. So zeichnet sich in diesem Szenario eine schleichende Deindustrialisierung ab, in deren Verlauf der Anteil der Bruttowertschöpfung des Verarbeitenden Gewerbes an der gesamten Bruttowertschöpfung dauerhaft zurückgehen wird. Industrieunternehmen verlagern ihre Produktion und damit auch ihre Investitionen ins Ausland. Das Produktivitätswachstum bleibt schwach, da Wertschöpfung in hochproduktiven Industriezweigen durch Wertschöpfung in Dienstleistungsbereichen mit geringem Produktivitätswachstum ersetzt wird. Dies spiegelt sich auch in der Beschäftigungsentwicklung wider. Zudem geht der Strukturwandel zwischenzeitlich mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit einher, da die in der Industrie freigesetzten Arbeitskräfte nicht unmittelbar in den Dienstleistungsbereichen eingesetzt werden können.
Bauwirtschaft: Ein Sektor am Limit
Der Bausektor bleibt das Sorgenkind. Drei Jahre nach den Energiepreisschocks verhindern hohe Bau- und Finanzierungskosten den dringend benötigten Neubau. 2024 sanken die Bauinvestitionen um fast vier Prozent, 2025 droht ein weiterer Rückgang um mehr als zwei Prozent. Der Traum vom Eigenheim wird für viele immer unerreichbarer.
Industrie: Alarmierende Signale
In der Industrie spitzt sich die Lage dramatisch zu. Teure Energie, hohe Arbeitskosten und lähmende Bürokratiemachen es deutschen Unternehmen schwer, auf dem internationalen Markt mitzuhalten. Seit 2020 sind die Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte um 40 Prozent gestiegen – ein schmerzhafter Wettbewerbsnachteil. Dazu kommt ein Investitionsstau: Seit 2020 fehlen über 210 Milliarden Euro bei den Bruttoanlageninvestitionen, und vier von zehn Unternehmen planen, 2025 noch weniger zu investieren.
Unsicherheiten lähmen die Wirtschaft
Globale Krisen und eine instabile politische Lage verschärfen die Unsicherheiten:
- Geopolitische Konflikte und Protektionismus hemmen Handel und Wachstum.
- Das politische Vakuum in Berlin sorgt für Orientierungslosigkeit bei Unternehmen und Investoren.
- Private Haushalte bleiben vorsichtig: Trotz gestiegener Kaufkraft geben die Menschen ihr Geld nicht aus – der private Konsum bleibt minimal über Vorjahresniveau.
Arbeitsmarkt: Trübe Aussichten
Auch der Arbeitsmarkt zeigt wenig Hoffnung: 3 Millionen Arbeitslose und eine Arbeitslosenquote von 6,2 Prozent werden 2025 erwartet. Die wirtschaftliche Stagnation wird damit zur sozialen Belastung.
IW: „Deutschland braucht einen Neustart“
Für IW-Konjunkturchef Michael Grömling ist die Lage ernst: „Das ist keine kurzfristige Konjunkturdelle, sondern eine tiefe Strukturkrise.“ Um den Standort Deutschland wieder wettbewerbsfähig zu machen, fordert Grömling:
- Reformen bei Unternehmenssteuern
- Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung
- Abbau unnötiger Bürokratie
- Anreize für eine höhere Arbeitszeit
Die neue Bundesregierung steht vor einer Herkulesaufgabe: Nur durch mutige und entschlossene Maßnahmen kann Deutschland den wirtschaftlichen Turnaround schaffen.
Lesen Sie dazu auch diesen Artikel: Alarmierende Lage auf dem NRW-Arbeitsmarkt: Tausende Stellenstreichungen und steigende Insolvenzen